Wenn (fast) alle nur das eine suchen

(c) EPA (FACUNDO ARRIZABALAGA)
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Sicher ist sicher, so lautet nach wie vor die Devise der Investoren. Die Objekte, in die Kapital gesteckt wird, müssen top sein, in jeder Hinsicht. Dass gut auch teuer bedeutet, ist zweitrangig. Zumindest für die meisten.

Die Konjunktur, der Euro, die Banken: Die Wirtschaftswelt hat schon stabiler gewirkt. Diverse Unabwägbarkeiten beeinflussen das Immobilienbusiness und werden auch die Gespräche bei der Gewerbeimmobilienmesse Mipim dominieren, die am 6. März in Cannes startet. Experten verzeichnen durchaus Interesse an Immobilien, aber konjunkturelle Entwicklungen, die Krise des Euro und die zögerliche Kreditvergabe seitens der Banken sorgen für Unsicherheit. Trotzdem gibt es einige Trends, die sich derzeit auf den Märkten abzeichnen – von Wien über London bis New York. Der eine, das ist die ...


• Suche nach dem Kapital. „Das Konzept, mit wenig Eigenmitteln und hoher Fremdfinanzierung möglichst viel Kapital zu hebeln, funktioniert nicht mehr“, sagt Eugen Otto, Chef der Otto Immobilien Gruppe. Wer heute Kredite von einer Bank haben will, braucht eigenes Geld. Und zwar nicht zu knapp. 40 bis 60 Prozent Eigenkapital müsse man aufbringen – so eine Bank überhaupt finanziere, berichtet Claus P. Thomas, European Director – Head of Client Services Emea bei LaSalle Investment Management.

Die Aussichten in dieser Hinsicht bleiben trist, so die Studie „Emerging Trends in Real Estate Europe“ von PwC und dem Urban Land Institute (ULI). Die größten Schwarzseher seien bezeichnenderweise die Kreditgeber, bemerkt Wolfgang Vejdovsky, PwC Österreich: 52 Prozent von ihnen glauben, dass es heuer wesentlich weniger verfügbares Fremdkapital geben werde als 2011, 42 Prozent erwarten etwas weniger, magere sechs Prozent gehen von ähnlichen Werten wie im Vorjahr aus.

Eine mögliche Trendwende hänge daher von der Bereitschaft der Banken zur Kreditvergabe ab, meint man bei PwC. Wann sich hier etwas ändern könnte? „Nicht vor Jahresmitte“, sagt Andres Ridder, Geschäftsführer CBRE Österreich und für die gesamte CEE-Region verantwortlich.

Diese Voraussetzungen umschreibt man bei PwC als „gewaltige Herausforderung“ für so manche. Für andere aber tun sich neue Gelegenheiten auf, wer derzeit unterwegs ist, das sind die ...

•Investoren mit Geld: Es seien genügend Mittel da, lautet die einhellige Meinung der Experten, auf institutioneller Seite genauso wie auf privater, sagt etwa Thomas. Staatsfonds, zum Beispiel aus Korea oder China, Family Offices, einige offene Fonds, Versicherungen suchen nach Objekten. Und auch „Club Deals“ gebe es verstärkt, bemerkt Thomas Beyerle, Managing Director bei IVG Immobilien. Dafür tun sich drei, vier Investoren zusammen, machen dasselbe mit ihrem Kapital, bekommen dann auch Kredite (so überhaupt notwendig) und „treten mit gefüllten Geldbörsen an“. Was sie suchen, das sind ...

•Core-Immobilien. Jene Objekte, die gerade alle wollen: Topbauten, in bester Lage, mit tollen Mietern und langen Verträgen, ansprechender Größe und Architektur. Core-Immobilien versprechen Sicherheit – und das ist es, was derzeit zählt. Es habe ein Paradigmenwechsel stattgefunden, sagt Otto, die Jagd nach der höchsten Rendite sei passé, nachhaltige Sicherheit ist oberste Maxime. „Hunger nach Core“, „Flucht in die Qualität“ lauten die Schlagworte in der Branche. Beyerle prognostiziert auch einige Käufe mit „Wow-Effekt“: Transaktionen von exklusiven, spektakulären, werthaltigen Objekten. Gerade für Club Deals seien solche Trophy-Immobilien oder Landmarks interessant. „Aber von denen gibt es in Europa vielleicht so viele, wie man an zwei Händen abzählen kann.“ Nach wie vor ungebrochen ist das Interesse an Shoppingcentern – aus dem Core-Segment. Kaufkraft und gutes Konsumklima sorgen dafür, dass Retailflächen zu sicheren und somit attraktiven Optionen zählen.

Die Konzentration auf die Core-Immobilien führt zu einer Entwicklung, die Claus P. Thomas als „The Great Divide“ bezeichnet. Eine Zweiteilung der Immobilienwelt in das Topsegment eben, das viel Geld anzieht, hohe Preise erzielt – aber auch geringere Renditen. Der andere Teil: der große Rest. „Normale Objekte, bei denen es schwerer ist, Käufer oder auch Nutzer zu finden“, erklärt Thomas. Doch auch für diese erwärmen sich langsam, vorsichtig, aber doch so manche Investoren. Daher ortet man einen Trend hin zu ...

•Value-Add-Objekten. Immobilien also, „bei denen vielleicht nicht alles super ist, die aber durchaus Wertsteigerungspotenzial haben“, sagt LaSalle-Experte Thomas. Die Branche werde angesichts hoher Preise, großer Konkurrenz und geringerer möglicher Gewinne wieder offener für das Thema, Immobilien zu revitalisieren, sanieren – und eventuell sogar zu neuen Core-Objekten zu machen. Eugen Otto bemerkt ebenfalls den Trend, dass in die Jahre gekommene Immobilien stärker in den Fokus opportunistischer Investoren rücken. Er beschreibt drei mögliche Wege für Nachnutzungskonzepte: „Kompletter Abriss und Neubau, Sanierung mit anschließend gleich bleibender Nutzung, Sanierung mit dem Ziel, das Objekt neuen Aufgaben zuzuführen.“ So könnten aus Büros Hotels werden oder Wohnungen aus ehemaligen Herbergen. Solche Projekte kann sich Otto gut für Wien vorstellen, PwC sieht in anderen Städten, etwa London, ebenfalls Potenzial für renovierungsbedürftige Gebäude am Rand hochwertiger Bezirke. Apropos Standorte: Auch hier sind risikofreudige Entscheidungen selten, investiert wird in ...


•Sichere Regionen. Denn was für einzelne Objekte gilt, gilt auch für ganze Länder: „Märkte werden danach ausgewählt, ob sie ein sicherer Hafen sind, nicht, ob sie starkes Wachstum versprechen“, heißt es in der „Emerging Trends“-Studie. In Europa sind das etwa Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die nordischen Länder, aber auch Staaten aus der CEE-Region wie Polen und Tschechien gehören dazu, berichtet Ridder. In Sicherheit wiegen kann sich aber keine der Regionen, so begehrt ihre Topimmobilien derzeit auch sein mögen, warnt Beyerle. So sei in Deutschland etwa viel „defensives Kapital“ unterwegs. Und das könne auch schnell wieder weg sein, wenn sich etwas tue. „Sind die Investoren, etwa weil sich andere Märkte erholen, wieder bereit, mehr Risiko zu nehmen, dann könnte dieses Geld wieder auf Wanderschaft gehen, auch in andere Assetklassen.“

Immobilieninvestments in Zahlen

400 Mrd. US$ (297,8 Mrd. €) flossen laut Jones Lang LaSalle im Jahr 2011 an globalen Direktinvestitionen in Immobilien. Das bedeutet ein Plus von 25 Prozent gegenüber 2010. Für heuer gehen die Experten von ähnlichen Volumina aus wie im Vorjahr.

Im Boomjahr 2007 wurden 758 Mrd. US$ (564,3 Mrd. €) weltweit investiert, 2009 erfolgte ein Absturz auf 210 Mrd. US$ (156,3 Mrd. €).

Für Europa verzeichnete CBRE im Jahr 2011 ein Investmentvolumen auf den europäischen Immobilienmärkten von 115 Mrd. €. Zehn Prozent davon wurden in den CEE-Ländern angelegt.

In Wien wurden laut Otto Immobilien Gruppe 2011 1,5 Mrd. € investiert, das sind rund 20 Prozent weniger als im Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Für heuer gehen die Experten von ähnlichen Werten wie im Vorjahr aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2012)

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