USA: Republikanische "Vagina-Monologe"

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Symbolbild(c) REUTERS (CHRIS KEANE)
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Im erbitterten Wahlkampf rücken die Konservativen so weit nach rechts, dass sie unabhängige Wähler, insbesondere Frauen verprellen. Der Präsident der Vereinigten Staaten, Barack Obama, jubelt im Stillen.

Washington. Niemand kann sich erinnern, wann sich Rush Limbaugh je für seine geifernden Tiraden als Talkshow-Moderator entschuldigt hat. Es war mithin also eine kleine Sensation, als „El Rushbo“ – der rabiat konservative „Rambo“ des Talk-Radios – bei Sandra Fluke Abbitte leistete für seine hetzerischen Ausfälle. Er hatte die 30-jährige Jusstudentin der Georgetown University in Washington in einer Suada als „Schlampe“ und „Nutte“ bezeichnet, deren Sexvideos man ins Internet stellen sollte.

Als Zeugin in der Kontroverse um Verhütungsmittel auf Krankenschein war Fluke vor einem rein männlichen Kongressausschuss für die umstrittene Klausel der Gesundheitsreform eingetreten, die Arbeitgeber unter anderem zur Gratisabgabe der Pille danach verpflichtet. Nach der Limbaugh-Tirade brach ein Sturm der Entrüstung los, Werbekunden kündigten ihre Verträge mit dem Talk-Radio-Format auf. Der Präsident der von Jesuiten geführten Eliteuni Georgetown erklärte sich trotz gegenteiliger Meinung solidarisch mit der Studentin, und selbst der Präsident sprach ihr in einem Telefonat seine Unterstützung aus.

Nicht ganz uneigennützig: Barack Obama setzte eine symbolische Geste in einer Debatte, in der die vom erzkonservativen Katholiken Rick Santorum angespornten Republikaner immer weiter nach rechts rücken und dabei die unabhängigen Wähler in der Mitte – insbesondere die womöglich entscheidende Klientel der Frauen – vor den Kopf stoßen.

Im Stillen jubelt der Präsident, dass im Wahlkampf soziale Themen die wirtschaftlichen Fragen in den Hintergrund drängen. In Anlehnung an ein Broadway-Erfolgsstück spöttelte „Washington Post“-Kolumnist Dana Milbank über die „Vagina-Monologe“ der Republikaner, ihre Obsession mit Themen wie Abtreibung und Verhütung. „Man kommt sich vor wie im Jahr 1953“, giftete eine Demokratin. Angesichts der leichten wirtschaftlichen Erholung kletterte währenddessen die Zustimmungsrate für Obama laut jüngster Umfrage des „Wall Street Journal“ wieder auf 50 Prozent.

In den Sonntags-Talkshows hatten die republikanischen Präsidentschaftskandidaten dann auch nichts Eiligeres zu tun, als sich von Limbaugh zu distanzieren. Der Lautsprecher gilt als prominente mediale Stimme im Konzert der Rechten, neben dem TV-Sender Fox News als einflussreichstes Sprachrohr der republikanischen Basis – sprich: der Tea Party.

Santorum rudert zurück

Selbst Karen Santorum missbilligt die forsche Rhetorik ihres Mannes Rick, eines glühenden Vorkämpfers im „Kulturkrieg“. Er hatte Obama als „Snob“ gegeißelt, weil dieser sich für eine Collegebildung für alle einsetzt – dem Inbegriff des American Dreams. Und er hatte sich mit dem „Nationalheiligtum“ John F. Kennedy angelegt: Als Katholik hatte JFK in einer berühmten Rede für eine Trennung von Kirche und Staat plädiert, um so Befürchtungen vor einer Regentschaft des Vatikans im Weißen Haus zu zerstreuen. Als er diese Rede neulich wieder gehört habe, erklärte Santorum deftig, habe er sich fast übergeben müssen. Halbherzig nahm er nun beide Aussagen wieder zurück.

Stattdessen pries Santorum vor dem heutigen „Super Tuesday“, der Vorwahl in zehn Bundesstaaten, seine weiblichen Stützen: seine 93-jährige Mutter, die mehr Geld nach Hause brachte als sein Vater; seine Frau Karen, Hausfrau und siebenfache Mutter; seine Tochter Elizabeth, die ihn im Wahlkampf begleitet. Santorums Neuerfindung als Verfechter der Emanzipation währte indes nur kurz – sein ideologischer Feuereifer brennt immer wieder mit ihm durch.

In Ohio kämpfte er jedoch bis zuletzt als Anwalt der Arbeiterklasse um seine Chance als Rivale Mitt Romneys. Es ist vielleicht die letzte große Gelegenheit, den Favoriten ins Straucheln zu bringen. Der Kampf könnte indes bis zur letzten Vorwahl Ende Juni in Utah dauern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2012)

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