Innenministerin Mikl-Leitner verlangt bei der Reform der Strafprozessordnung einen Dialog mit Betroffenen. Im Fall Kampusch habe man mit dem FBI schon Kontakt aufgenommen.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (V) zeigt leichte Distanz zu ihrer Parteifreundin Beatrix Karl (V), was die Pläne der Justizministerin zur Reform der Strafprozessordnung (StPO) angeht. Sie verstehe das Ziel ihrer Kollegin, die Richter zu entlasten. Da es sich aber um sensible Materien wie das Redaktionsgeheimnis und die Verschwiegenheitspflicht von Ärzten und Anwälten handle, sei es wichtig, die Betroffenen hier einzubinden, sagte Mikl-Leitner am Sonntag in der ORF-"Pressestunde".
Daher sei sie "glücklich", dass Karl nun den Weg gewählt habe, mit den Experten zu diskutieren: "Da braucht es Dialog." Ob Karls Vorgehen also bisher nicht glücklich war, beantwortete die Innenministerin diplomatisch: "Da muss man sich Zeit nehmen und das hat sie erkannt."
Die von Karl geplante StPO-Reform war auf vehemente Kritik von Justiz und Medien gestoßen. Der Grund: Wenn bei einer gerichtlich genehmigten Hausdurchsuchung Unterlagen von Anwälten, Ärzten oder Journalisten beschlagnahmt werden und der davon Betroffene dieser Sicherstellung widerspricht, muss nach derzeitiger Rechtslage das Gericht entscheiden, ob die Unterlagen vom Berufsgeheimnis geschützt sind und der Staatsanwaltschaft folglich entzogen bleiben. Laut Ministeriumsvorlage würde das explizite Verbot der Einsichtnahme durch die Ermittler nun entfallen. Karl hat angesichts der Proteste auch seitens des Koalitionspartners Änderungen in Aussicht gestellt und will kommende Woche in Verhandlungen mit den Parlamentsklubs treten.
Ausdehnung der "erweiterten Gefahrenerforschung"
Was die jüngst vom Parlament erweiterten Möglichkeiten für die Exekutive durch die Ausdehnung der "erweiterten Gefahrenerforschung" auch auf Einzelpersonen betrifft, versuchte Mikl-Leitner Bedenken zu zerstreuen. Es gehe hier um die Abwehr terroristischer Straftaten, also würden sich nicht tausende Fälle ergeben, durch die der einzubeziehende Rechtsschutzbeauftragte überlastet sein könnte. Von einem Überwachungsstaat zu reden, sei "in keinster Weise richtig".
Kontakt mit FBI aufgenommen
Das FBI könnte allenfalls tatsächlich im Entführungsfall Natascha Kampusch tätig werden. Sollte die Justiz weitere Erhebungen wollen, sei die Polizei "selbstverständlich" bereit, auch ausländische Sicherheitsbehörden zu Rate zu ziehen. So habe man mit dem FBI schon Kontakt aufgenommen und dieses sei auch "bereit sich einzubringen", erklärte die Innenministerin.
Für Mikl-Leitner handelt es sich bei der Causa Kampusch um einen "der tragischsten Kriminalfälle der Geschichte". Kampusch sei dabei im wahrsten Sinne des Wortes ein Opfer, hielt sie fest. Ob es nun Argumente dafür gebe, den Fall noch einmal aufzurollen und nach allfälligen weiteren Tätern neben Wolfgang Priklopil zu suchen, wollte die Ministerin nicht beurteilen. Diese Frage werde gegenwärtig in einem parlamentarischen Unterausschuss diskutiert. Nach dem Abschlussbericht werde die Staatsanwaltschaft dann entscheiden, was weiter zu geschehen habe.
In einem anderen spektakulären Fall hält sich die Innenministerin bedeckt. Vergangenen Mittwoch war eine tobende Frau bei einem Polizeieinsatz in Wien lebensgefährlich verletzt worden, nachdem ein Beamter auf sie mehrere Schüsse abgegeben hatte. Davor war ein Exekutivbeamter von der Frau durch einen Stich verletzt worden. Mikl-Leitner macht dieser Vorfall "äußerst betroffen". Von Vorverurteilungen solle man aber Abstand nehmen: "Lassen wir Ermittlungen durchführen, warten wir auf das Ergebnis und machen wir dann die Bewertung."
Der Einsatz eines Tasers, also einer Elektroschockpistole, wäre laut Mikl-Leitner nicht möglich gewesen, da sich dieser noch in einer Testphase befinde und nur von den Sondereinheiten "Cobra" und "WEGA" verwendet werde. Ob er später ein breiteres Einsatzfeld bekommt, werde erst nach der Evaluierung entschieden.
(APA)