Facebook: Eine Milliarde für zwei Jahre Arbeit

(c) EPA (Rolf Vennenbernd)
  • Drucken

Facebook investiert eine Milliarde Dollar in den Fotodienst Instagram. Ein guter Deal oder Anzeichen für eine neue Internetblase?


Wien. Eine Milliarde Dollar. Um das Geld hätte Facebook-Chef Mark Zuckerberg etwa die „New York Times“ kaufen können. Oder so wie Microsoft 800 Patente von AOL. Er entschied sich lieber für eine zwei Jahre alte Firma, die in ihrem Leben weder Geld gemacht noch eine wirklich bahnbrechende Technologie zu bieten hat. Eine Milliarde für ein 30-Millionen-Nutzer-Unternehmen? Da werden Erinnerungen an die Jahrtausendwende wach, als junge Internetfirmen reihenweise Millionen an der Börse einsammelten, nur um wenig später pleitezugehen.

Mark Zuckerberg war damals gerade 16 Jahre alt. Kevin Systrom und Mike Kieger, die beiden Chefs des glücklichen Übernahmekandidaten Instagram, waren noch nicht einmal aus der High School. Heute könnten die drei Jungmillionäre als weiteres Zeichen dafür dienen, dass sich die Geschichte auch in der noch jungen digitalen Welt wiederholt.

Wert über Nacht verdoppelt

Denn wofür nimmt Facebook Bargeld und Aktien in die Hand, um den bisher größten Zukauf in der Firmengeschichte zu tätigen?
Instagram ist ein 13 Mann starker Gratis-Fotodienst, eine Art Twitter für Smartphone-Fotos. Nutzer können ihre Fotos mit einem Filter bearbeiten, sie auf alt trimmen oder die Farben verzerren. Und sie konnten die Fotos bisher auf verschiedenen Social-Media-Plattformen, unter anderem Facebook und Twitter, mit Freunden teilen.
Das Bemerkenswerteste an der Minifirma ist wohl die Nutzerzahl. Im Schatten des übergroßen Rivalen Facebook ist es Instagram gelungen, eine treue Nutzergemeinschaft aufzubauen. Knapp 30 Millionen Nutzer setzten bisher auf den Fotodienst.

Das übereilt wirkende Angebot hat wohl auch damit zu tun, dass vergangene Woche erstmals eine Instagram-Version für das Google-Betriebssystem Android verfügbar war und innerhalb eines Tages über eine Million Mal heruntergeladen wurde. Gut möglich, dass Zuckerberg lieber rasch zugegriffen hat, bevor es die Rivalen tun. Insbesondere da Facebook in der mobilen Welt noch auf vergleichsweise wackeligen Beinen steht.
Ein Schnäppchen ist der Kauf mangels Umsatzes oder gar eines Geschäftsmodells allerdings nicht: Der kolportierte Wert von Instagram liegt bei gerade einmal 500 Mio. Dollar.

Was erneut die Frage aufwirft: Stecken wir bereits mitten in der zweiten Tech-Blase? Vieles spricht dafür. Denn der Zukauf ist nur das jüngste Beispiel in einer ganzen Reihe von Großübernahmen und Finanzierungsrunden im Internetsektor in den vergangenen Monaten. Vieles davon ist indirekt Facebook geschuldet. Nicht, dass das Unternehmen so oft zugegriffen hätte. Im Gegenteil. Aber erst der Erfolg des bald 800 Millionen Nutzer starken Online-Netzwerks hat bei den Investoren wieder Interesse an der digitalen Welt geweckt.
Gezeichnet von der Internetblase unkten Kritiker selbst bei Googles Börsengang 2004 über die hohe Bewertung. Heute ist das Unternehmen sechs Mal so viel wert.

„Die Tech-Blase war pervers“

Genau das erhoffen sich die Investoren auch von Facebook, wenn es im Mai endlich an die Börse gehen wird. Dass Facebook selbst zum Opfer eines möglichen Hypes werden wird, glauben nur wenige. Aber im Windschatten von Zuckerberg warf sich zuletzt eine Reihe an jungen Web-Unternehmen mit weit weniger guten Aussichten an die Börse. Den meisten der Dotcom-Firmen, die derzeit an die Börse streben, fehlt es an einem tragfähigen Geschäftsmodell.

Diesmal sind es das Zauberwort „Social Media“ und stark wachsende Nutzerzahlen. die die Geldbörsen der Investoren öffnen. Nie wuchs ein Unternehmen schneller als etwa das Rabattportal Groupon. So waren die Börsengänge von Groupon, der Online-Netzwerke Yelp und LinkedIn durch die Bank ein rauschendes Fest. Einige Monate später dürften viele Anleger schon wieder bereuen, allzu schnell zugegriffen zu haben. Während die Aktien von LinkedIn ihren Wert seit Mai des Vorjahres ausbauen konnten, purzelten die Papiere von Groupon, das im letzten November an den Start ging, seither in den Keller.

Doch nicht alle sehen für die Zukunft schwarz: „In der Tech-Blase damals war es pervers“, sagte Internet-Investor Constantin Bisanz der „Presse“. „Da wurde nur gefragt, wie viele Seitenaufrufe eine Firma hatte. Das ist heute nicht mehr so.“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

iPhone vs. Android

Die besten Foto-Apps

Facebook schluckt Instagram eine
Internet

Facebook schluckt Instagram um eine Milliarde Dollar

Für Facebook ist Instagram die bisher teuerste Übernahme - und bis auf Weiteres auch die letzte. Die beliebte Foto-App soll unabhängig bleiben.
Instagram fuer Android iPhoneFans
Mobil

Instagram für Android: iPhone-Fans sind empört

Die Exklusivität der Foto-App ist dahin, was zu Beschimpfungen und Boykottaufrufen von hartgesottenen iPhone-Jüngern führt. Android-Nutzer hätten keine Geschmack und würden schlechte Fotos machen, sagen sie.
Instagram fuer Android verfuegbar
Mobil

Instagram für Android verfügbar

Die beliebte iPhone-App für Fotos im Retro-Look verzeichnete nach dem Android-Start 2000 neue Nutzer pro Minute.
Update FotoApp Hipstamatic integriert
Mobil

Update: Foto-App Hipstamatic integriert Instagram

Die beliebtesten Retro-Foto-Apps machen gemeinsame Sache. Instagram öffnet sich damit erstmals für einen Drittanbieter.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.