Raketenfeuerwerk zu Kims Ehren fiel ins Wasser

(c) AP (Ng Han Guan)
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Pünktlich zum 100. Geburtstag von Staatsgründer Kim Il-sung wollte Nordkorea eine Langstreckenrakete ins All schießen, die auch mit Atomsprengköpfen bestückt werden könnte. Doch der Test endete im Gelben Meer.

Peking. Ein Schmunzeln konnte sich der Mitarbeiter im chinesischen Außenministerium doch nicht verkneifen. Auf einem Bildschirm flackerten zuvor noch die Bilder der nordkoreanischen Langstreckenrakete Taepodon-2, die das Regime um den neuen Machthaber Kim Jong-un noch vor Kurzem stolz ausländischen Journalisten präsentiert hatte. Dann aber vermeldete die Nachrichtensprecherin des chinesischen Staatsfernsehens CCTV, dass diese Rakete nur eine Minute nach dem Start in 151 Kilometer Höhe zerborsten und in Trümmern ins Gelbe Meer gefallen ist. Der Beobachtungssatellit Kwangmyongsong-3 (zu Deutsch: Glänzender Stern) habe es nicht in die Erdumlaufbahn geschafft, zitierte sie die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA. Den westlichen Journalisten gegenüber war der chinesische Mitarbeiter des Außenministeriums dann aber sehr schnell wieder um Haltung bemüht.

Nach offizieller Lesart zeigt sich China weiterhin als enger Verbündeter des international weitgehend isolierten Regimes in Nordkorea. In gewohnt diplomatischer Manier rief der chinesische Außenamtssprecher Liu Weimin nach dem gescheiterten Start der nordkoreanischen Langstreckenrakete alle Seiten dazu auf, nun Ruhe und Zurückhaltung zu bewahren. Doch hinter den Kulissen ist auch auf chinesischer Seite der Ärger groß über den Raketentest des kleinen Bruders. Die Weltgemeinschaft müsse darauf reagieren und Regeln für Nordkorea aufstellen, sagte Zhang Liangui, Experte für Verteidigungspolitik an der Parteihochschule in Peking. „Sie können nicht machen, was sie wollen, sich nicht um die internationalen Besorgnisse kümmern und keinen Rat annehmen“, polterte er in Bezug auf Nordkorea für chinesische Verhältnisse in ungewöhnlich scharfen Tönen.

Das stalinistische Regime in Pjöngjang hatte bereits vor Wochen angekündigt, dass es anlässlich des 100. Geburtstags seines Gründervaters Kim Il-sung diese Rakete ins All schießen wolle. Offiziell lautete die Begründung, einen Beobachtungssatelliten auf eine Erdumlaufbahn zu bringen, der zwei Jahre lang Daten über Wälder, Ressourcen und das Wetter in Nordkorea sammeln sollte. Doch japanische und südkoreanische Regierung vermuten militärische Zwecke.

Die USA sehen in dem Start sogar den Test einer Interkontinentalrakete, auf der atomare Sprengköpfe installiert werden könnten. Alle drei Staaten sprachen am Freitag denn auch von einer schweren Provokation, die die Sicherheit in der Region insgesamt gefährde. Die US-Regierung warf Nordkorea einen Verstoß gegen internationales Recht vor. Durch das Raketenprogramm würde sich das Regime nur weiter isolieren und Geld für Waffen und Propagandazwecke ausgeben, während das Volk hungere. Außenminister Michael Spindelegger verurteilte den Raketenstart und forderte Nordkorea „in aller Entschiedenheit auf, von allen weiteren Schritten Abstand zu nehmen, die die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel weiter anheizen.“

Der UN-Sicherheitsrat hatte in den vergangenen Jahren Nordkorea schon mehrfach aufgefordert, jegliche „Verwendung ballistischer Raketentechnologie“ zu unterlassen. Nach Angaben des südkoreanischen Verteidigungsministeriums schoss Nordkorea die Rakete um 7.39 Uhr Ortszeit von einer Abschussrampe in der Nähe des Ortes Tongchang-ri an der nordkoreanischen Westküste in Richtung All ab. Nach der Explosion seien Trümmerteile noch 100 bis 150 Kilometer südlich der südkoreanischen Westküste ins Meer gestürzt. Die südkoreanische Marine suchte das Gebiet nach Resten ab. Es dauerte mehrere Stunden, bis auch Nordkorea zugab, dass „die Aktion nicht nach Plan verlaufen“ ist.

Debakel für den neuen Diktator

Dieser Fehlschlag dürfte vor allem ein Debakel für den neuen Machthaber Kim Jong-un sein. Der 30-Jährige hatte erst im Dezember die Führung von seinem Vater Kim Jong-il übernommen, nachdem der gestorben war. Sicherheitsexperte Zhang von der Pekinger Parteihochschule geht jedoch nicht davon aus, dass dieser gescheiterte Versuch das nordkoreanische Atomprogramm an sich kippen wird. Die Nordkoreaner würden jetzt „möglicherweise vorsichtiger und gewissenhafter vorgehen“, vermutet Zhang. Er ist sich sicher: Trotz anderslautender Bekundung will die Führung auch unter Kim Jong-un weiter am Ziel festhalten, zum Klub der Atommächte dazuzugehören.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2012)

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