IWF-Quotenreform: Schwellenländer erbost

Demonstranten fordern die Schließung des IWF
Demonstranten fordern die Schließung des IWF(c) REUTERS (YURI GRIPAS)
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Europa soll an Gewicht im Führungsgremium verlieren. Die Umsetzung der Reform läuft jedoch nur schleppend.

Die Schwellenländer sind erbost über die Hängepartie der Industrieländer bei der Umsetzung von Reformen, die ihnen im Internationalen Währungsfonds (IWF) mehr Gewicht geben sollen. Der brasilianische Finanzminister Guido Mantega kritisierte am Samstag vor dem IWF-Lenkungsausschuss in Washington, dass viele Industrieländer dieses Vorhaben zumeist nur verbal unterstützen.

"Das bloße ritualhafte Wiederholen solcher Art von Erklärungen ist auch nicht annähernd genug." Fortschritte in diesem Punkt gebe es kaum. "Wir sind tief besorgt über die schleppende Umsetzung der Quoten- und Strukturreform von 2010", sagte Mantega. Wie verabredet, sollte die Reform nicht später als mit der IWF-Jahrestagung im Herbst 2012 in Kraft treten.

Die IWF-Quoten- und Strukturreform war vor zwei Jahren zusammen mit einem Zeitplan für die Umsetzung vereinbart worden. Ihr Ziel ist es, den Schwellenländern gemäß ihrem steigenden Gewicht für die Weltwirtschaft mehr Stimmen und Einfluss im IWF zu geben. Unter anderem werden Stimmgewichte im Fonds von rund sechs Prozentpunkten von den Industrieländern, namentlich den Europäern, weg auf große Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien verschoben. Zudem sollen die Europäer auf zwei ihrer acht Sitze im IWF-Führungsgremium verzichten. Die Umsetzung der Reform bedarf unter anderem der Zustimmung durch den US-Kongress, die aber wegen des Präsidentschaftswahlkampfes in Amerika kurzfristig nicht zu erwarten ist.

US-Finanzminister Timothy Geithner ging auf die Behinderung der Quotenreform-Umsetzung durch sein Land in seiner Erklärung vor dem Lenkungsausschuss nicht ein. Er drängte aber auf die Änderungen im IWF-Board zulasten der Europäer. "Die vollständige Umsetzung der Reform des Executive Board ist entscheidend, um die Legitimität und Effizienz des IWF zu erhöhen", erklärte er. Seine "europäischen Kollegen" sollten die hierfür erforderlichen Schritte bis zum Herbst einleiten.

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn sagte, Schlüsselelemente der IWF-Quoten- und Strukturreform von 2010 müssten noch umgesetzt werden. Er rief alle IWF-Mitglieder auf, das Vorhaben bis zum vereinbarten Zeitpunkt zu ratifizieren. Für die Länder der Europäischen Union sagte er zu, dass dies geschehen werde. Für die etwas später bevorstehende Reform der Quotenformel und eine weitere Überprüfung der Quotenverteilung sagte er eine konstruktive Rolle der Europäer zu.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) mit Sitz in Washington wurde 1944 mit der Schwesterorganisation Weltbank als Sonderorganisation der Vereinten Nationen in Bretton Woods (USA) gegründet. 187 Staaten sind heute Mitglieder. Der IWF überwacht weltweit die Finanzsysteme, um bei Zahlungsproblemen von Regierungen oder bei einem drohenden Staatsbankrott einzugreifen. Kurzfristige Kredite an Mitgliedsländer sind meist an Auflagen wie die Sanierung der Staatsfinanzen geknüpft. Kredite finanziert der IWF aus den Kapitaleinlagen der Mitgliedsländer. Diese und die Stimmrechte bemessen sich an der Finanzkraft der Staaten. Daher haben die Industrieländer in den IWF-Gremien die Mehrheit.

(Ag.)

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