Ägypten: Muslimbrüder sollen Ministerposten erhalten

Mohamed Hussein Tantawi, Leiter des Militärrates in Ägypten
Mohamed Hussein Tantawi, Leiter des Militärrates in Ägypten(c) AP (Amr Nabil)
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Der regierende Militärrat unter Hussein Tantawi soll offenbar zu einer Regierungsumbildung bereit sein. Das berichten Muslimbrüder. Die Tourismusbranche des Landes befindet sich im Aufwind.

Der in Ägypten herrschende Oberste Militärrat ist offenbar zu einer Kabinettsumbildung bereit. Wie die im Parlament dominierenden, islamistischen Muslimbrüder am Sonntag auf ihrer Website verkündeten, teilte der Chef des Militärrates, Hussein Tantawi, dies dem Parlamentspräsidenten Saad al-Katatni mit. Der Chef des Militärrats soll Katatni am Sonntag telefonisch mitgeteilt haben, dass es binnen 48 Stunden eine "begrenzte" Kabinettsumbildung geben werde. Die Islamisten sollen in die Regierung von Ministerpräsident Kamal al-Ganzouri integriert werden und drei Ministerposten erhalten.

Kurz zuvor hatte Katatni angekündigt, dass das Parlament aus Protest gegen den Militärrat seine Arbeit für eine Woche aussetze. Seit mehreren Wochen fordern die Muslimbrüder die Militärführung auf, die von diesem eingesetzte Regierung zu entlassen und ihre als Sieger aus den Parlamentswahlen hervorgegangene Partei der Freiheit und Gerechtigkeit mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Die Partei stellt seit den Parlamentswahlen Anfang dieses Jahres gemeinsam mit den radikaleren Salafisten fast drei Viertel der 498 Abgeordneten im ägyptischen Parlament.

Die ägyptische Zeitung "Al Ahram" berichtete online, dass unter den neuen Ministern auch Mitglieder anderer im Parlament vertretener Parteien sein werden.

Regierung mit nahem Ablaufdatum

Wie lange die Übergangsregierung noch im Amt bleibt, ist unklar. Am 23. Mai wählen die Ägypter einen Nachfolger für Hosni Mubarak, der im Februar 2011 nach Massenprotesten zurückgetreten war. Gemäß der aktuell gültigen Verfassung müsste der nächste Präsident eine neue Regierung ernennen. Allerdings soll demnächst eine neue Verfassung formuliert werden. Die Idee, dass der Präsident von der Mehrheit im Parlament bestimmt wird, erscheint vielen Ägyptern jedoch fremd.

Bei der Präsidentenwahl, die vermutlich mit einer Stichwahl Mitte Juni enden wird, sind Überraschungen zu erwarten. Die Wählerbefragungen der vergangenen Wochen zeigen ein sehr unklares Meinungsbild. Ägyptische Medien veröffentlichten am Montag das Ergebnis einer neuen Umfrage des staatlichen Al-Ahram-Zentrums für politische Studien, wonach der ehemalige Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, mit 41,1 Prozent der Stimmen populärer ist als jeder andere Kandidat. Den zweiten Platz würde laut Umfrage der ehemalige Muslimbruder Abdel Moneim Abul Futuh mit 27,3 Prozent belegen.

Tourismus in Ägypten soll sich erholen

Bei Zusammenstößen zwischen Salafisten und Zivilisten in Kairo wurde in der Nacht auf Sonntag nach Behördenangaben ein Mensch getötet. 119 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium mit. Die Zusammenstöße ereigneten sich bei Protesten von Anhängern des von der Präsidentschaftswahl ausgeschlossenen Salafisten Hasem Abu Ismail. Mena berichtete, die Demonstranten seien von Anrainern des Stadtteils angegriffen worden, in dem die Proteste stattfanden. Von offizieller Seite wird Gewalt bei Demonstrationen in Ägypten häufig Schlägertrupps zugeschrieben, die auf eine gegnerische Gruppe losgelassen werden.

Ägypten geht nach dem Einbruch der Touristenzahlen wieder von einer vollständigen Erholung im heurigen Jahr aus. Die Zahl der Reisenden dürfte wieder die Marke von 14,5 Millionen erreichen und damit so hoch wie vor dem Sturz Mubaraks liegen, erklärte Tourismusminister Mounir Fakhri Abdel Nour. In den ersten vier Monaten des Jahres sei die Zahl der Touristen bereits um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der Sturz der Staatsspitze hatte viele potenzielle Urlauber verunsichert und die ägyptische Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen. Das Geschäft mit Gästen machte in dem nordafrikanischen Land mehr als ein Zehntel der Wirtschaftsleistung aus. Jeder achte Ägypter findet hier einen Job. Die hohe Arbeitslosigkeit war einer der Gründe für die Massenproteste, die zum Sturz des Machthabers im vergangenen Jahr führten.

(Ag.)

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