Großbritannien bremst EU-Einigung auf Kapitalregeln

Grossbritannien bremst EUEinigung Kapitalregeln
Grossbritannien bremst EUEinigung Kapitalregeln(c) AP (Virginia Mayo)
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Die Briten fordern mehr Handlungsfreiheit für ihre Aufsichtsbehörde. Der Zeitdruck wächst, denn die Regeln sollen ab Anfang 2013 gelten.

Großbritannien hat einen einmütigen Beschluss der EU-Staaten zu schärferen Banken-Eigenkapitalregeln verhindert. Schatzkanzler George Osborne habe dem Kompromissvorschlag der dänischen EU-Ratspräsidentschaft "noch nicht" zugestimmt, sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am frühen Donnerstagmorgen.

Mit der Zustimmung zu national höheren Quoten gaben die EU-Staaten der Forderung Großbritanniens und Schwedens nach. Doch Osborne reichten diese Änderungen nicht. Er forderte mehr Spielraum für die nationale Aufsicht auch bei anderen Instrumenten zur stärkeren Absicherung der Risiken von Banken. Dieses Thema hätten die Briten in monatelangen Verhandlungen bisher nicht angesprochen, sagte ein EU-Diplomat. In den Verhandlungen wächst der Zeitdruck, denn die Regeln sollen ab Anfang 2013 gelten. Das Europäische Parlament will seine Position zu dem Gesetzespaket am 14. Mai festzurren. Die Verhandlungen von Rat und Parlament müssen vor dem Sommer abgeschlossen werden, um den Zeitplan einzuhalten.

Theoretisch hätten die anderen Minister Osborne überstimmen können, da für die Einigung nur eine qualifizierte Mehrheit notwendig war. Doch die dänische EU-Ratspräsidentschaft und wohl auch die meisten anderen Staaten wollen Großbritannien bei der wichtigsten Neuregelung für den Bankensektor nach der Finanzkrise nicht außen vor lassen.

Die bessere Kapitalausstattung der Banken soll weitere Finanzkrisen verhindern helfen. Viele Banken waren in der Vergangenheit zu hohe Risiken eingegangen, die Steuerzahler mussten Banken mit zig Milliarden Euro retten. Ab 2013 sollen Banken schrittweise bis 2019 die Quote des harten Kernkapitals, also eigene Aktien oder Gewinne, von derzeit zwei auf sieben Prozent erhöhen. Diese Regeln hatten die globalen Bankenaufseher im Baseler Ausschuss Ende 2010 erarbeitet. Die Umsetzung ist in der EU schwierig, da die Regeln auf sämtliche rund 8300 Banken angewendet werden sollen und die Bankensektoren in den einzelnen Staaten traditionell noch sehr unterschiedlich sind.

Großbritannien und Schweden hatten das Lager der Länder angeführt, die mehr Handlungsfreiheit für ihre nationalen Aufsichtsbehörden forderten. Sie wollen von den Banken im Fall einer systemweiten Krise verlangen, mehr Kapital zum Schutz vor Verlusten beiseite zu legen als nach Basel III vorgeschrieben. Die Steuerzahler sollen so vor neuen Rettungsaktionen für die Banken bewahrt werden. Deutschland, Frankreich und andere Staaten wollten das nur zulassen, wenn die Extra-Kapitalpuffer von der EU-Kommission genehmigt werden. Damit sollte verhindert werden, dass die schärferen Standards in einem Land zu Problemen in anderen EU-Staaten führen. Höhere Quoten in einem der Haupt-Bankenländer könnte die dort ansässigen Großbanken dazu veranlassen, sich aus anderen EU-Ländern zurückzuziehen. Darunter würden vor allem osteuropäische Staaten leiden, wo ein Großteil des Bankensektors von Auslandsbanken dominiert wird.

Briten und Schweden setzten ihre Vorstellungen weitgehend durch. Dennoch verhinderte vor allem der britische Schatzkanzler George Osborne die endgültige Einigung. Er forderte noch mehr nationalen Entscheidungsspielraum bei der Anwendung der globalen Regeln. Andererseits kritisierte er, der Gesetzentwurf weiche zu stark von den einheitlichen Vorgaben von Basel III ab. "Ich bin nicht bereit dazu, dort rauszugehen und etwas zu sagen, was mich fünf Minuten später wie einen Idioten aussehen lässt", sagte er. Osborne monierte, dass anders als bei Basel vorgesehen, die EU keine bindenden Standards zur Definition von Eigenkapital einführe. Damit kritisierte er erneut, dass die bei den Landesbanken verbreiteten stillen Einlagen gleichermaßen zur Verlustabsicherung herangezogen werden können wie Bankaktien. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte, das Thema Rechtsformneutralität sei nicht mehr umstritten. Die deutsche Bundesregierung habe ihr Anliegen erreicht.

Nach dem jetzt absehbaren Kompromiss können einzelne Staaten die geforderte Kernkapitalquote von maximal sieben Prozent um bis zu fünf Prozentpunkte erhöhen. Bis zu einer Erhöhung um drei Punkte haben die nationalen Aufseher freie Hand. Mit einem Kapitalpuffer von fünf Prozent zur Abdeckung von Risiken aus Inlandsforderungen der Banken müssten die EU-Kommission und die europäische Bankenaufsicht EBA sowie der Risikorat der Zentralbanken ESRB einverstanden sein.

(APA)

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