"Huschpfusch": Kritik an Temelin-Anhörung in Wien

Das AKW Temelin könnte ausgebaut werden und zwei neue AKW-Blöcke bekommen.
Das AKW Temelin könnte ausgebaut werden und zwei neue AKW-Blöcke bekommen.(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Österreich müsse sich mehr in die Diskussion einbringen, fordern Kritiker aus Parteien und NGOs. Eine Infoveranstaltung in Wien alleine sei zu wenig.

Vor der heute, Mittwoch, in Wien stattfindenden öffentlichen Informations- und Diskussionsveranstaltung zum geplanten Ausbau des tschechischen Atomkraftwerks Temelin hagelt es Kritik. Oppositionsparteien und Umweltschützer sprachen im Vorfeld von einer "Farce". Das Land Oberösterreich fordert eine offizielle Anhörung in Österreich. Umweltminister Nikolaus Berlakovich (V) betonte dagegen, Österreich habe alle rechtlichen Möglichkeiten, gegen das Vorhaben Stellung zu beziehen, ausgeschöpft. Bei der Diskussionsveranstaltung sollen Vertreter der AKW-Betreibergesellschaft CEZ und des tschechischen Umweltministeriums zum geplanten Bau der AKW-Blöcke 3 und 4 Rede und Antwort stehen.

"Österreich hat sich von Beginn an am grenzüberschreitenden Umweltprüfverfahren beteiligt", sagte Berlakovich am Mittwoch in einer Aussendung. "In Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt hat das Umweltministerium alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, gegen den Ausbau Stellung zu beziehen. Bei der heutigen Veranstaltung können sämtliche Bedenken unmittelbar geäußert werden. Alle gestellten Fragen müssen von den Betreibern beantwortet werden."

Reaktortyp steht noch gar nicht fest

Umweltschützer kritisieren das Umweltverträglichkeitsverfahren (UVP) zum Temelin-Ausbau. "Das Hearing im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung ist eine Farce: CEZ hat noch nicht einmal entschieden, welchen Reaktortyp sie vorsieht - so können natürlich die Umweltauswirkungen gar nicht beurteilt werden", kritisierte Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLOBAL 2000, am Mittwoch. Uhrig befürchtet, dass das Hearing "zu einem reinen Aussitzen der Betreiber werden" könnte.

Ähnlich urteilt Christiane Brunner, Umweltsprecherin der Grünen über die heutige Veranstaltung: "In der Umweltverträglichkeitserklärung werden viele Fragen des Tschechischen Umweltministeriums einfach ignoriert. Noch nicht einmal der Reaktortyp ist festgelegt. Da stellt sich die Frage, wie man etwas prüfen soll, das man noch gar nicht kennt?" Sie forderte die Bundesregierung auf, die Rechte Österreichs durchzusetzen - und zwar mit allen Mitteln. "Es gibt internationale Regeln für Umweltverträglichkeitsprüfungen. Aber wenn die Bundesregierung die gleichwertige Beteiligung nicht einklagt, kann Tschechien diese Regeln ignorieren." Die Grünen fordern offizielle, rechtlich relevante UVP-Anhörungen in Wien und in Linz.

"Temelin-Hearing ist PR-Gag"

Kritik kommt auch vom BZÖ. "Das heutige Temelin-Hearing ist eine einzige Farce, ist nur ein PR-Gag von Kanzler Faymann, weil es völlig unverbindlich und ohne Rechtsfolgen ist", kritisiert auch BZÖ-Umwelt- und Energiesprecher Rainer Widmann. "Bisher hat Österreich keinen einzigen Rechtsschritt gegen Temelin unternommen."

Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (V) und Landesrat Rudi Anschober (G) forderten in Schreiben an das tschechische Umweltministerium und die österreichische Bundesregierung vehement ein echtes, rechtzeitig angekündigtes UVP-Hearing in Oberösterreich. Die Informationsveranstaltung sei kein Ersatz für eine offizielle UVP-Anhörung. Ein Hearing in Oberösterreich sei notwendig, damit die von dort kommende überwiegende Mehrheit der Einwender eine seriöse Chance habe, daran teilzunehmen. "Tschechien muss die mehr als 22.000 Einwender aus Österreich gegen den Ausbau Temelins ernst nehmen. Dafür ist die Huschpfusch-Veranstaltung in Wien völlig ungeeignet", so Anschober.

"Recht zur Stellungnahme beeinträchtigt"

Das Land Oberösterreich werde daher nur mit einem Mindestprogramm teilnehmen. Der Antiatom-Beauftragte Dalibor Strasky soll die offizielle Stellungnahme Oberösterreichs darlegen. Mit der öffentlichen Anhörung am 22. Juni in Budweis wäre die oberösterreichische Bevölkerung in ihrem Recht zur Stellungnahme wesentlich beeinträchtigt. Denn es sei wohl kaum zumutbar, nach Tschechien zu fahren, um sich am Verfahren offiziell beteiligen zu können, gab Pühringer zu bedenken.

An der öffentlichen Anhörung am 22. Juni in Tschechien wird ein österreichisches Expertenteam teilnehmen und unter anderem die zusammengefassten Kritikpunkte zur Sprache bringen, teilte Berlakovich mit.

(APA)

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