Chaos beim Blaulichtfunk: „Vergabe nicht nachvollziehbar“

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Wirbel um Akten aus dem Innenressort. In einem Mail ans Parlament heißt es, dass alle Akten im Februar geliefert worden seien. Aktuelle Ausschusssitzungen platzen. Zeuge bestätigt Missstände.

Wien. Was mit dem schönen Namen Adonis 2001 begann, entpuppte sich als hässliche Geschichte über Korruption und Dilettantismus. Die Geschichte vom digitalen Blaulichtfunk (Funk für Polizei, Feuerwehr, Rettung) hätte am Mittwoch im U-Ausschuss erzählt werden sollen. Doch den Parlamentariern kamen wichtige Teile der Story abhanden: Akten aus dem Innenministerium hätten den Weg ins Parlament nicht gefunden, kritisierte der Grüne Peter Pilz und sprach von einem „Pflanz“, die FPÖ von einer „unzumutbaren Vorgangsweise“. Das Innenminister widerspricht: In einem Mail ans Parlament heißt es, dass alle Akten im Februar geliefert worden seien. Nun habe man „Akten, die bisher als nicht vorlagepflichtig beurteilt wurden“ eben „einer zweiten Lieferung zugeführt“.

Da eben diese Unterlagen noch nicht durchgesehen werden konnten, wurden mehrere Zeugen, darunter der frühere Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, unverrichteter Dinge wieder weggeschickt. Die Mittwoch-Sitzung wurde abgebrochen (nächste Sitzung: 5.Juni, Termin für Ex-Innenminister Ernst Strasser: 20.Juni). Immerhin eine (einzige) Auskunftsperson kam doch an die Reihe: Der Rechnungshof-Beamte Heimo Mauser hatte einst die Vergabe des Blaulichtfunks durchleuchtet. Er sagte nun: „Für uns war diese Vergabeentscheidung nicht nachvollziehbar.“ Sein Fazit: Bei dem 267-Millionen-Euro-Projekt wurden schwere Fehler gemacht. „Die Kalkulationen wurden nicht auf Plausibilität geprüft.“ So fing sie an, die Geschichte vom hässlichen Adonis.

September 2001: Die Attentate auf das World Trade Center erschüttern die Welt. Noch am selben Tag verlässt ein E-Mail das Innenressort. Dieses hielt nun BZÖ-Mann Stefan Petzner in der Hand. Darin steht, dass der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Innenminister Strasser ein digitales Blaulichtfunknetz installieren wollen. Am 5.Juli 2002 erhielt das Konsortium Mastertalk von Raiffeisen, Siemens, Wiener Stadtwerke und Verbund den Zuschlag. Motorola, Kapsch und Austro Control gingen leer aus, obwohl sie sich bemüht hatten.

„Lieber Freund Karl-Heinz“

Wie, das erzählte nun Pilz. Er hielt ein Mail des damaligen Austro-Control-Chefs an seinen „Lieben Freund Karl-Heinz“ in Händen. Darin bittet dieser den Finanzminister, die Ausschreibung hinauszuzögern, damit man den Zuschlag an Mastertalk noch verhindern könne. Unumwunden führt der Manager an, dass man nun auch das Innenministerium und FPÖ-Verkehrsminister Mathias Reichhold überzeugt hätte. Wie dies vonstatten gegangen ist, ist eines der dunklen Kapitel der Causa Adonis. Die Intervention kommt jedenfalls zu spät. Mastertalk startet das Projekt, doch im Innenministerium sei man von Anfang an daran interessiert gewesen, Adonis abzuschießen, meint nun Pilz und zückt ein neues Dokument.

Diesmal betrifft es Peter Skorsch, damals im Innenministerium für das Projekt verantwortlich. Er habe sich am 31. März 2012 an den Chef der internen Korruptionsabteilung im Innenministerium „mit dem Verdacht auf Missstände beim Adonis-Projekt“ gewandt und den Beamten vier CDs übergeben. „Derselbe Mann, der für das Projekt zuständig ist, schwärzt es an“, sagt Pilz. Für ihn ist klar: Skorsch hatte den Auftrag, das Projekt zu killen. Die vier CDs seien mittlerweile verloren gegangen. So wie das ganze Projekt Adonis. Im April 2003 wurde es gestoppt. Die Republik zahlte Mastertalk zum Ausgleich 29,9 Millionen Euro. Motorola erhielt den Auftrag. Warum sich darüber viele Leute im Innenministerium und vor allem Motorola-Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly besonders gefreut haben, will der U-Ausschuss demnächst klären.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2012)

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