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Die Tote Hosen: Sturm auf die Burg

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Wieder zu Besuch: Die Toten Hosen spielen am 20. und 21. Juni nach 2005 und 2009 erneut im Wiener Burgtheater. Die Karten für die zwei Akustikkonzerte waren am Dienstag in nur dreieinhalb Stunden ausverkauft.

Wien. Die Vorhut kam um halb neun. Abends. Ein 33-jähriger Grafiker im giftgrünen Pullover war der erste. Um halb elf kamen weitere, um halb eins Andreas Reitstätter mit seinen Freunden aus Ebensee. Wer einen Fan sucht, ist bei ihm – schwarzes Kapuzenshirt, Tote-Hosen-Tattoos auf Arm und Unterschenkel – richtig. In Köln, Frankfurt und Innsbruck war der 29-Jährige schon – allein auf der aktuellen „Tage wie diese“ - Tour. „Jetzt kommt am Samstag das Nova Rock, dann die zwei Konzerte hier.“ Alle beide? „Ja, natürlich.“

15, 20 Leute, schätzen die ersten vorn am hohen Holztor des Burgtheaters, hätten mit ihnen hier die Nacht verbracht. Hinter den Säulen des Hauses liegen Matratzen und ein Schlafsack, Thermoskannen und Bierdosen. Geschlafen? Kaum.

Kurz nach sechs haben die öffentlichen Verkehrsmittel bereits ein paar hundert Menschen mehr angespült, die Schlange reicht am Volksgarten entlang nach hinten. Ein Mitarbeiter kommt angeradelt. „Is des wirkli so lang?“ fragt er sich und äugt nach vorn, eher er durch den Hintereingang im ehrwürdigen Theater verschwindet. „Oida Vota.“

Karten spielen vor dem Chaos

Dabei ist die Menge noch britisch diszipliniert: Schön einer nach dem anderen, man liest Zeitung, trinkt Kaffee, ein paar haben Stühlchen mitgebracht und spielen Karten. Bis irgendwer einen strategischen Fehler macht, „Ordner“ spielt und eine Absperrung verrückt: Alle glauben, es tut sich was, die ersten stürmen vor, alle anderen hinterher. Aus Schlange wird Traube. Neuankömmlinge stellen sich dann wieder brav an, diesmal Richtung Café Landtmann – sie werden am Ende bessere Chancen auf Karten haben als viele, die früher da waren.

Sieben Jahre ist es her, dass die Toten Hosen zum ersten Mal im Burgtheater gastierten. 2005, in der Bachler-Ära, nahm die einstige Punkband hier ihr MTV Unplugged-Album auf. Titel damals: „Nur zu Besuch.“ Ein Besuch, der nach 2009 nun am 20. und 21. Juni erneut wiederholt wird: Was von der Burg als „Überraschungskonzert“ angekündigt worden war, entpuppte sich am Sonntag als Akustik-Gig der Düsseldorfer, die gerade mit einer Tournee ihr 30-Jahr-Jubiläum feiern. Dienstag um acht Uhr früh begann der Vorverkauf, ausschließlich direkt an der Theaterkasse.
Was nicht nur eingefleischte Fans anzog. „Für ihren Cousin“ versuche sie Karten zu bekommen, erklärt eine 24-jährige Studentin. Im Stehen liest sie in ihrem orangen Ordner – Diätetik, FH-Abschlussprüfung. Seit zehn vor sechs ist sie da. „Ich hab gedacht, es würd' leichter gehen.“ Überrascht vom Andrang ist auch Stefan Trappl, als er kurz vor sieben mit Latella und Schokocroissant eintrifft. „Kriegen die alle Karten?“ fragt sich der wissenschaftliche Assistent der FH Wien. „Wie viele gehen denn ins Burgtheater?“ Eine Frage, die viele beschäftigt, und die für alle möglichen Gerüchte sorgt. Gibt's da drin Stehplätze? 1200 Tickets – für ein Konzert oder beide?
Inzwischen hat das Burgtheater die Polizei angefordert. In Zehnergruppen müsse man zählen, erklärt ein Beamter. Auf 700 Leute schätzt er die Menge. „Vielleicht auch schon tausend.“ Er beobachtet den Andrang milde. „Chaotisch, aber verständlich.“ Gefährlich sei es nur wegen der Straßenbahn.

Unter Fans, erklären die vorn an der Tür, gebe es normalerweise ja gar kein Chaos. „Da werden Nummern verteilt.“ Aber hier hätten sich so manche her verirrt, „die die Karten eh nur auf Ebay weiterverkaufen wollen.“ Je näher acht Uhr rückt, desto größer wird der physische Druck der Masse, die Polizei sieht zu. Einige stimmen Lieder an. „Es kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft.“ Punkt acht öffnen Sicherheitsleute das Tor, gehen die Wünsche in Erfüllung – oder auch nicht: Um 11.39 Uhr sind 1600 Karten ausverkauft. Viele haben keine ergattert. Andreas aus Ebensee schon, er hat dafür noch einen anderen Traum: Dass die Bandmitglieder auf seinem Bauch unterschreiben – und er das tätowieren lassen kann.

Auf einen Blick

Die Toten Hosen geben am 20. und 21. Juni im Burgtheater zwei Konzerte. Der Vorverkauf für „Alles ohne Strom“ begann am Dienstag um acht Uhr, um 11.39 Uhr waren alle 1600 Karten (maximal vier pro Person) weg. Das Theater erklärte, den Ansturm unterschätzt zu haben, man wolle daraus lernen. Am Samstag treten die Toten Hosen beim Nova Rock-Festival auf, Karten dafür waren gestern noch zu haben.

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