Die Situation in Europa sei sehr volatil. Die Prognose für die Weltwirtschaft wurde auf 2,5 Prozent gesenkt.
Die europäische Schuldenkrise ist eine Belastung für die gesamte Weltwirtschaft: Diese Mahnung äußerte die Weltbank in ihrer neuen Konjunkturprognose. Jüngste Kursverluste an Börsen und steigende Zinsen für Staatsanleihen zeigten, wie anfällig und nervös die Finanzmärkte überall seien, heißt es in dem am Dienstag in Washington veröffentlichten Bericht. Es sei völlig klar: Weder reiche Länder noch aufstrebende Staaten würden verschont, "sollte sich die Situation in Europa deutlich verschlechtern".
Selbst eine globale Krise vom Ausmaß der letzten zwischen 2007 und 2009 sei nicht undenkbar, sagte Weltbank-Ökonom Hans Timmer der Deutschen Presse-Agentur dpa: "Wir glauben, die Wahrscheinlichkeit ist nicht groß, aber zugleich können wir sie nicht ausschließen." Noch zu Jahresbeginn habe es so ausgesehen, als beruhige sich die Lage in Europa. "Wir haben im Jänner nicht über einen griechischen Ausstieg (aus der Eurozone) gesprochen und nun ist das eine der Möglichkeiten", sagte er. Das zeige, wie volatil die Situation sei.
Ein Albtraum-Szenario wäre, wenn zwei der größeren Eurostaaten wegen ihrer Probleme "wirklich aus dem Kreditmarkt ausgeschlossen würden", sagte Timmer. Derzeit gehe die Weltbank aber nicht davon aus, dass die Lage dermaßen außer Kontrolle gerate. So korrigierte sie ihre Vorhersagen aus dem letzen Bericht vom Jänner nur leicht nach unten: Sie erwartet für dieses Jahr weltweit ein Wachstum von 2,5 Prozent und für das kommende 3,0 Prozent.
Eurozone: Wirtschaft schrumpft heuer
In der Eurozone wird die Wirtschaft demzufolge in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen und dann 2013 leicht um 0,7 Prozent wachsen. Zum Vergleich: Vor einem Jahr war noch von einem Eurozonen-Plus von 1,8 Prozent für 2012 die Rede gewesen. Die Lage in Europa sei letztlich auch eine Spätfolge der globalen Finanzkrise und "es wird noch viele Jahre brauchen, um den Schaden zu beheben", sagte Timmer.
Die globalen Wachstumslokomotiven blieben unterdessen die Schwellen- und Entwicklungsländer wie China und Indien, meint die Weltbank. Für diese Staaten erwartet sie für 2012 im Schnitt Plus von 5,3 Prozent und nächstes Jahr 5,9 Prozent - beide Werte korrigierte sie leicht nach unten. Dass sich die Konjunktur in den aufstrebenden Staaten etwas abkühle, ist nach Ansicht von Timmer keine besorgniserregende Entwicklung, sondern eine normale Korrektur.
Allerdings rief die Weltbank die Schwellenländer auf, für eine mögliche globale Finanzkrise vorzusorgen. Sie müssten "kurzfristige Schuldenstände senken, Haushaltsdefizite kürzen und zur einer neutraleren Geldpolitik zurückkehren", forderte der Chefautor des Berichts, Andrew Burns. Dann hätten sie genügend Spielraum, wenn die die weltweite Wirtschaft tatsächlich abstürzen sollte.
(Ag.)