Bawag-Verkauf: "Zu viele Fragen offen"

US-Gericht sperrt Bawag-Vermögen in den USA, Kundengelder nicht betroffen. Wiener Städtische: Für Generaldirektor Günter Geyer ist ein schneller Bawag-Kauf nun "unrealistisch".

Washington/WIEN. Ein E-Mail genügte, und die Bawag überwies Millionen Dollar an den unter Betrugsverdacht stehenden US-Broker Phillip Bennett. "Schön, dass Sie einen netten Urlaub hatten", schrieb Bennett am 14. Februar 2005 an seinen Bawag-Betreuer. Dann kommt er zur Sache: 250 Mill. Dollar sollen bis 23. Februar überwiesen werden. Das Geld werde bis 8. März zurückgezahlt, versichert Bennett. Offenbar sollte mit diesem Kurzzeitkredit die Lage der Refco zum Bilanzstichtag 28. Februar rosiger dargestellt werden.

Penibel zählt US-Anwalt Luc Despins die Transaktionen zwischen Bawag und Refco auf. Im Herbst 2005 brach das Refco-Bawag-Karussell zusammen. Tausende Anleger bangen um ihr Geld.

Despins vertritt die Refco-Gläubiger. Am Dienstag beantragte er bei dem New Yorker Insolvenzgericht, dass US-Vermögen der Bawag in Höhe von bis zu 1,3 Milliarden Dollar (eine Milliarde Euro) einzufrieren sei. Er baut seine Strategie darauf auf, dass Kredite, die Refco bei der Bawag getilgt hat, keine Kredite im engeren Sinn waren. Sondern Ausleihungen zwischen verbundenen Unternehmen. Also müsse die Bawag diese Gelder zurückzahlen, weil Refco mit den Überweisungen nach Wien die Konkursmasse geschmälert hätte.

Richter Robert D. Drain gab dem Antrag statt. Das Ausmaß des Bawag-Skandals könnte damit neue Dimensionen erreichen. Auf einen Schlag verdoppelt sich der potenzielle Schaden aus den Refco-Geschäften für die Bawag.

Wie viel Geld die Bawag/PSK in den USA liegen hat, lasse sich derzeit schwer sagen. Klar sei nur, dass keine Kundengelder betroffen seien, sagte Bawag-Sprecher Thomas Heimhofer im Gespräch mit der "Presse". Ob Bawag/PSK-Kunden nach Bekanntwerden der Forderung aus den USA vermehrt Geld abgehoben hätten, war aus Sicht der Gewerkschaftsbank am Mittwochnachmittag noch nicht zu sagen.

Die Bawag sieht sich als Opfer, nicht als Täter und hat ihrerseits Refco und Bennett geklagt. Anders sehen das die US-Anwälte. In der Klageschrift, die der "Presse" vorliegt, werden E-Mails bis ins Jahr 2002 penibel aufgelistet, die über die enge Beziehung der österreichischen Bank zum US-Broker Aufschluss geben.

Die Gläubiger-Anwälte vermuten, dass die Bawag über Offshore-Konstruktionen Mehrheitseigentümer von Refco gewesen sein könnte. Eine Spekulation, die in der Bawag scharf zurückgewiesen wird. "Die Bawag/PSK hat nie mehr als zehn Prozent an Refco gehalten", meint Heimhofer. Auch nicht über Treuhänder oder Mittelsmänner? "Nein".

Immer schwieriger dürfte nun der Wunsch des ÖGB sein, die Bawag/PSK schnell zu verkaufen. In der Wiener Städtischen, die Interesse an der Gewerkschaftsbank angemeldet hat, hält man einen raschen Verkauf für kaum machbar: "Es sind einfach zu viele Fragen offen", meint Städtische-Chef Günter Geyer zur "Presse".

Im Zentrum stehen zwei Fragen: Wie werthaltig ist die US-Klage? Wer trägt das Risiko für eingeleitete und noch mögliche Prozesse aus den USA? Zumindest die zweite Frage ist aus Sicht Geyers einfach zu beantworten: "Wir sicher nicht". Klar ist, dass in der Bilanz 2005 für drohende Schadenersatzansprüche vorzusorgen ist.


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