Asyl und Lehre: Die Zukunft nach der Flucht

Beschäftigung. Für Unternehmen ist es gar nicht so einfach, jungen Flüchtlingen eine Lehrstelle anzubieten. Da muss es sich schon um sogenannte Mangelberufe wie Koch und Metalltechniker handeln. Ein Bericht aus der Praxis.

Tamim Shoresh kam 2008 als 16-Jähriger ohne Familie als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling (UMF) aus Afghanistan nach Österreich. In den vergangenen acht Jahren hat sich viel verändert: Shoresh hat Deutsch gelernt, 2010 einen positiven Asylbescheid, eine Arbeitserlaubnis und durch einen Freund den Tipp bekommen, dass ihm der Verein Lobby 16 helfen könne, eine Lehrstelle zu finden.

Veronika Krainz hatte Lobby 16 im Jahr 2008 initiiert. Sie bietet unbegleiteten Jugendlichen Weiterbildungs- und Integrationskurse an und vermittelt Lehrstellen. Eine Hilfe, die sie dringend benötigen, sagt Krainz: „Ihnen fehlen Bildung, Erfahrung und Wissen, wie es in Österreich läuft.“

Mangelberufe als Chance

„Mein Vater wollte, dass ich lerne und nicht sofort arbeiten gehe“, sagt Shoresh, der eine Lehre als Hotel- und Gastgewerbeassistent im Hotel Hilton Danube in Wien absolviert hat. Er hatte noch zwei Jahre auf den positiven Asylbescheid warten müssen, ehe er seine Lehre beginnen konnte.

In der Zwischenzeit hat sich für Jugendliche wie ihn einiges verbessert: Seit 2013 haben Asylwerber (und nicht nur anerkannte Flüchtlinge) unter 25 Jahren einfacheren Zugang zu Lehrstellen in Mangelberufen wie Koch, Spengler und Metalltechniker. Unternehmen können die Lehrstelle an Asylwerber dann vergeben, wenn es zu wenige Bewerber aus dem Inland gibt und im Lehrberuf ein nachgewiesener Mangel besteht. Laut Arbeitsmarktservice machten Ende Februar 2016 143 unter 25-Jährige im laufenden Asylverfahren eine Lehre: davon 62 als Koch und 19 als Restaurantfachmann.

Unternehmen, die Asylwerber anstellen wollen, sollten zuerst den Status der Person abklären. Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und dürfen arbeiten. Für sie gelten bei der Anstellung dieselben Rechte und Pflichten wie für Österreicher. Unterschiede gibt es bei der Beschäftigung von Asylwerbern, also Personen, die Asyl beantragt haben und deren Verfahren noch läuft. Sie dürfen nur als Saisonarbeiter oder Volontäre arbeiten oder eben bis 25 eine Lehre in Mangelberufen beginnen.

Integration ohne Unterschied

„Die jugendlichen Flüchtlinge müssen sich genauso beweisen wie alle anderen Lehrlinge auch“, sagt Krainz. Die Kooperationspartner von Lobby 16 sind bereit, die Jugendlichen als Lehrlinge anzustellen, aber nur, wenn sie ein Assessmentcenter oder Vorstellungsgespräch positiv absolvieren. „Lobby 16 gibt den jungen Lehrlingen durch Kurse und Begleitung einen Startvorteil. Die Lehre müssen sie aber selbst meistern“, sagt Krainz.

Das bestätigt Mette Bjerregaard vom Grand Hotel Wien, das 2016 18 Lehrlinge aufnimmt, darunter zwei unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Der Personalleiterin liegen die jungen Flüchtlinge am Herzen, reine Wohltätigkeit sei deren Anstellung trotzdem keine:

„Das Hotel beschäftigt Mitarbeiter im laufenden Asylverfahren, mit Asylstatus oder Fluchterfahrung. Ob sie diesen Status ihren Kollegen erzählen, liegt bei ihnen. Wir behandeln alle gleich.“ Die Internationalität sei jedenfalls ein Vorteil, sagt die Tourismusexpertin: „Die Gäste kennen den Hintergrund der Mitarbeiter nicht, freuen sich aber, wenn jemand ihre Sprache spricht.“

Durchbeißen, nicht aufgeben

In seiner Freizeit erzählt Shoresh anderen unbegleiteten Jugendlichen von seinen Höhen und Tiefen während der Ausbildung. Der 24- Jährige ging neben der Berufsschule und seiner Lehrlingsausbildung arbeiten, um eine eigene Wohnung finanzieren zu können. Dazu kamen Selbstzweifel, sagt Shoresh: „Mein Deutsch war nicht gut, ich war ständig müde und hatte kaum Geld.“ Lobby 16 und Shoreshs Kollegen im Hilton unterstützten ihn und ließen ihn einfach nicht aufhören, sagt er: „Darum erzähle ich allen, dass sie Gas geben müssen und nicht aufgeben sollen.“

("undefined", Print-Ausgabe, 09.04.2016)

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