Ebensee: Aktion "sollte nur ein Jugendstreich sein"

Ehemaliges KZ Ebensee
Ehemaliges KZ Ebensee(c) AP (Rubra)
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Einer der Beschuldigten in der Neonazi-Störaktion äußerte sich nun zu den Vorkommnissen. Der 16-Jährige verfasste ein Entschuldigungs-Schreiben. Er wollte demnach "niemanden verletzen oder bedrohen".

Nach der Neonazi-Störaktion vom 9. Mai in der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Ebensee veröffentlichte der Verteidiger eines 16-jährigen Hauptverdächtigen am Montagabend eine Entschuldigung seines Mandanten: "Wir wollten niemanden bei unserem rücksichtslosen Handeln (Schießen) verletzen oder bedrohen. Es sollte nur ein Jugendstreich sein", heißt es in dem handschriftlichen Schreiben an das Mauthausen Komitee Österreich. Kommende Woche finde eine Haftverhandlung statt, kündigte Rechtsanwalt Kurt Waldhör an.

"Ich kann gut verstehen, dass sie (die offensichtlich von Geschoßen getroffenen Personen, Anm.) sich sehr aufregen und geärgert haben, wenn ich mir überlege, dass entweder sie selbst von den Ereignissen in Ebensee betroffen waren oder Vater oder Opa verloren haben", zitierte Waldhör aus einem Gespräch mit dem 16-Jährigen.

Der Bursch habe in der Untersuchungshaft immer wieder Berichte zu dem Vorfall im Fernsehen gesehen, er halte das nicht mehr aus, erklärte der Verteidiger. Der Jugendliche überlege, ob es nicht eine Möglichkeit gebe, sich ebenfalls per Video an die Öffentlichkeit zu wenden. Beim ersten Treffen zwischen ihm und seinem Mandanten habe dieser gesagt, dass er den Tag, an dem es zu dem Zwischenfall kam, am liebsten aus seinem Leben streichen würde.

Einer der Täter ist "Roter Falke"

Die SP-Bundesorganisation der "Roten Falken" reagierte indes "mit Entsetzen" darauf, dass einer der Täter Mitglied und Junghelfer der Organisation sein soll. "Die Roten Falken sind eine Kinder- und Jugendorganisation, die größten Wert auf die Vermittlung einer antifaschistischen und solidarischen Haltung legt. Wir treten Rassismus, Antisemitismus und Faschismus aufs Schärfste entgegen", erklärte Martin Heim von den Roten Falken Österreich in einer Aussendung. Man betreibe auch entsprechende Bildungsarbeit, vergangenes Jahr habe es etwa eine Studienreise nach Auschwitz oder eine Teilnahme am "Lichterzug gegen Rechts" gegeben. Angesichts der Vorfälle werde man noch stärker in diese Richtung arbeiten.

Budneskanzler und SP-Chef Werner Faymann erklärte am Montag in Wien, grundsätzlich könne jeder in Vereinen Mitglied werden. Deshalb sei aber nichts zubeschönigen. "Mir ist ganz egal, wo jemand Mitglied oder nicht Mitglied ist." Man müsse in solchen Fragen eine "korrekte, geradlinige Linie" haben, so Faymann, der vor einem "Gewöhnungseffekt" warnte, der "all diese Delikte zum Kavaliersdelikt" mache. "Und irgendwann lacht man dann darüber, wenn Religionen herabgewürdigt oder Menschen beleidigt und gekränkt werden", und Antisemitismus werde zur Selbstverständlichkeit. "Diese Art der Selbstverständlichkeit darf es in Österreich nie geben, ganz egal, wo jemand steht oder Mitglied ist."

Bei der Gedenkfeier zur Befreiung des früheren Nebenlagers des KZ Mauthausen sollen drei Jugendliche mit Softguns auf Besucher geschossen und gemeinsam mit zwei Freunden Naziparolen gerufen haben. Über zwei 16-Jährige wurde Untersuchungshaft verhängt.

(APA)

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