Zivilschutz: Ist Wien auf den Atom-Super-GAU vorbereitet?

(c) AP (Michael Probst)
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Österreich hat eines der dichtesten Strahlen-Frühwarnsysteme der Welt – und überwacht auch im Ausland.

Wien. Was wäre, wenn... Die Frage, welche Maßnahmen die Republik denn gesetzt hätte, wenn im slowenischen Atomkraftwerk Krsko eine bedrohliche Dosis Radioaktivität ausgetreten wäre, beschäftigt seit dem Zwischenfall am Mittwochabend viele Österreicher. „Die Presse“ fragte nach, wie im Ernstfall die Alarmierung funktioniert und welche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung getroffen werden.

Wäre in Krsko wirklich Strahlung ausgetreten, hätten bereits Sekunden später in der Radetzkystraße in Wien-Erdberg die Alarmglocken geschrillt. Hier, in der Strahlenwarnzentrale des Umweltministeriums, laufen die Daten von 336 Messstellen im Inland und unzähligen weiteren aus dem angrenzenden Ausland zusammen. In Echtzeit, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Eine dieser Messstellen befindet sich unmittelbar am Gelände des slowenischen AKW.

Grundlage des Systems sind bilaterale Verträge mit sämtlichen Anrainerstaaten mit Ausnahme der Schweiz, die jedoch noch dieses Jahr den Zugriff auf ihre Messstellen genehmigen will. Dieses Verbundsystem sei weltweit einzigartig, heißt es im Umweltministerium.

Die zweite Möglichkeit der Alarmierung ist langsamer, funktioniert schriftlich über das Warnsystem der EU (so auch am Mittwochabend).

Rundfunk muss informieren

Kommen Umwelt- oder Innenministerium zum Schluss, dass Gefahr besteht, tritt im Innenministerium ein Krisenstab zusammen. Per Knopfdruck sind bundesweit 8296 Sirenen aktivierbar, ORF, aber auch private TV- und Radiostationen sind per Gesetz dazu verpflichtet, die Informationen des Krisenstabes unverzüglich an die Bevölkerung weiterzugeben.

Die Arbeit vor Ort übernehmen schließlich die zuständigen Behörden in den Bundesländern. In Wien heißt die entsprechende Abteilung Dezernat für Zivilschutz, Krisenmanagement und Sicherheit.

Ebendort entscheiden Mitarbeiter wie Josef Kneisl an Hand der Katastrophenpläne darüber, welche Maßnahmen gesetzt werden. Kneisl: „Das beginnt bei der Verteilung von Kaliumjodid-Tabletten und geht über die Empfehlung das Haus nicht zu verlassen bis hin zu Verordnungen, die die Fütterung von Nutztieren oder den Import von Lebensmitteln aus betroffenen Ländern betreffen.“

Ebenfalls direkt eingebunden in die laufende Neubewertung der Gefahrensituation ist die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, die mit Hilfe von Wetterdaten versucht zu errechnen, wo beispielsweise mit radioaktiven Niederschlägen zu rechnen ist.

Der österreichische Zivilschutzverband hingegen kritisiert, dass zwar Behörden und Einsatzorganisationen gut auf den Ernstfall vorbereitet seien, die Bevölkerung selbst jedoch nicht. „Beim Selbstschutz hapert es gewaltig“, glaubt Walter Schwarzl, Büroleiter der Bundesstelle. Was Schwarzl mit Selbstschutz meint, ist etwa die Bevorratung mit Lebensmitteln und Wasser. „Nur so kann man das Verlassen der eigenen vier Wände für einen gewissen Zeitraum vermeiden.“ Mehr Infos zum Strahlenschutz unter:

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2008)

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