USA: Ölpest zur "nationalen Katastrophe" erklärt

Golf Mexiko Tonnen stroemen
Golf Mexiko Tonnen stroemen(c) REUTERS (SEAN GARDNER)
  • Drucken

Damit ist ein Einsatz der Armee möglich. Nach der Explosion einer Bohrinsel im Golf von Mexiko sprudelt immer mehr Rohöl ins Meer. Das Abfackeln des Ölteppichs ist wegen der drehenden Winde nicht möglich.

Die US-Regierung hat die Ölpest im Golf von Mexiko zur "nationalen Katastrophe erklärt. Damit ist auch ein Einsatz der Armee möglich. Nach Angaben des Weißen Hauses ordnete Präsident Barack Obama am Donnerstag zudem an, alle verfügbaren Ressourcen zur Bekämpfung des Ölteppichs einzusetzen.  Von der britischen Ölgesellschaft BP, für die die Bohrinsel betrieben wurde, fordert Washington "höchstmögliche" Mitwirkung. Der Gouverneur des US-Bundesstaats Louisiana, Bobby Jindal, hat wegen der Ölpest den Notstand ausgerufen.

Die US-Regierung erwartet, dass BP alles zur Bekämpfung der Ölkatastrophe tut und die Kosten voll trägt. "BP ist...verantwortlich", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs. "BP ist verpflichtet, die Kosten für die Gegenmaßnahmen und die Säuberungsaktionen zu übernehmen, und sie tun es."

160 mal 72 Kilometer groß

Der Ölteppich selbst wird unterdessen rasch größer. Er hat bis Donnerstag eine Größe von 160 mal 72 Kilometer erreicht. Inzwischen wurde ein drittes Leck in rund 1500 Metern Tiefe entdeckt, aus dem Rohöl in das Meer sprudelt. Der Kampf der Rettungskräfte gegen den Ölteppich droht durch drehende Winde zunichte gemacht zu werden. Bereits am Freitag könnte der Ölteppich die Küste von Louisiana erreichen. Sie könnte nach Angaben der Küstenwache eine der verheerendsten in der US-Geschichte werden.

Die Ozean- und Klimabehörde (NOAA) teilte mit, wahrscheinlich träten täglich fast 800.000 Liter aus der havarierten Bohranlage aus, die in der vergangenen Woche nach einer Explosion gesunken war. Das ist fünfmal so viel wie die ursprünglich angenommenen 160.000 Liter täglich. Auch Doug Suttles vom Ölkonzern BP korrigierte seine Zahlen auf das bis zu Fünffache nach oben.

NOAA-Wissenschaftler Charlie Henry sprach von einem "hohen Risiko", dass starke Südostwinde emulgiertes Öl und Teerklumpen schon am Freitagabend in das Mississippi-Delta treiben. Wenn große Mengen Rohöl in die dortigen Marschen gelangten, sei eine Reinigungsaktion praktisch unmöglich. "Derzeit erwarten wir, dass das Tierschutzgebiet Pass-A-Loutre noch am Donnerstag von dem Ölteppich erreicht wird", sagte Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal.

Abfackeln derzeit nicht möglich

Die drehenden Winde könnten auch zur Folge haben, dass Versuche, den Ölteppich abzufackeln, zu spät kommen. Ein kontrollierter "Testbrand" wurde am Mittwoch an der Stelle mit der höchsten Konzentration durchgeführt. Dazu wurde Öl im Zentrum des Teppichs von zwei Schiffen gegen einen feuerfesten Auslegerbaum geschoben und angezündet.

Erfolglos blieb zunächst der Einsatz von vier Untersee-Robotern, die die Stelle versiegeln sollten, an der das Öl austritt. Auch ein 450 Tonnen schweres Ventilsystem, das eigentlich bei einem Unfall den Ölstrom sofort stoppen soll, konnte nicht aktiviert werden. Zugleich arbeiteten Ingenieure an der Konstruktion einer Schutzglocke, die über das Leck gestülpt werden könnte. Das austretende Öl könnte dann aus dieser Kuppel abgepumpt werden, bevor es das Meer verschmutzt. Der Bau der Schutzglocke kann aber zwei bis vier Wochen dauern.

Noch mehr Zeit würde für eine weitere erwogene Variante benötigt, bei der eine neue Bohranlage eingerichtet und das Öl aus der havarierten Quelle in andere Leitungen umgeleitet wird. Experten gehen davon aus, dass diese Einrichtung drei Monate dauert.

Mit Feuerwerken Vögel verscheuchen

Angesichts dieser Gegebenheiten wächst die Furcht vor einer schwerwiegenden Umweltkatastrophe. Mary Landry von der US-Küstenwache warnte bereits vor der schwersten Ölpest der US-Geschichte. Mit Feuerwerken und anderen Lärmquellen sollen Vögel von den Stränden verscheucht werden, bevor der Film die Küste erreicht. Nach Angaben der Küstenwache wurden in den gefährdeten Regionen der US-Anrainerstaaten - Louisiana, Mississippi, Alabama, Texas und Florida - insgesamt fünf Stationen zur Vorbereitung von Schutzmaßnahmen errichtet.

Im Golf von Mexiko befinden sich nicht nur Naturschutzgebiete mit seltenen Wasservögeln und anderen Tieren, hier ist auch ein bedeutender Teil der US-Fischerei-Industrie beheimatet, der jährlich Meeresfrüchte und Fisch im Wert von 2,4 Milliarden Dollar (rund 1,8 Milliarden Euro) produziert.

Vorwürfe an Betreiberfirma

BP-Chef Tony Hayward macht unterdessen das Unternehmen Transocean für die Explosion der Bohrinsel "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko verantwortlich, die den Ölteppich verursacht hat. Das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz hatte die Bohrinsel von BP geleast.

Ein Abdichtkopf habe vor der Explosion versagt. Dabei handle es sich um ein großes Ventil an der Spitze des Bohrlochs, mit dem das Herausfließen von Öl gestoppt werden kann. "Das ist ein absolut zuverlässiger Mechanismus", zitierte CNN den BP-Chef. "Und aus irgendeinem Grund - und wir verstehen noch nicht warum, aber das werden wir nach unseren Nachforschungen und nach staatlichen Ermittlungen - ist er ausgefallen." Weiter sagte Hayward: "Die Verantwortung für die Sicherheit auf der Bohrinsel liegt bei Transocean."

Ein Transocean-Sprecher wollte zu den Vorwürfen keinen Kommentar abgeben. Der für Sicherheit zuständige Manager sagt, es habe vor der Explosion keine Anzeichen für Probleme gegeben.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.