Wie schnell nehmen Lebensmittel Bakterien auf?

Die Fünf-Sekunden-Regel hält wissenschaftlich nicht. Der Lebensmittel-Mikrobiologe rät zu mehr Hausverstand und besserer Haushaltshygiene.

Fünf, vier, drei, zwei, eins – wer die hinuntergefallene Jause schnell genug wieder aufhebt, kann sie auch noch essen, suggeriert die sogenannte Fünf-Sekunden-Regel. Ob ein Lebensmittel Bakterien aufnimmt oder nicht, hängt demnach davon ab, wie lang es auf dem Boden gelegen ist. In Fernsehserien wird die Regel gern vermittelt, wissenschaftlich lässt sie sich aber nicht halten, sagt Konrad Domig von der Wiener Universität für Bodenkultur. Der Wissenschaftler rät vielmehr zu Hausverstand und besserer Hygiene in der Küche.

Denn eine so starke Vereinfachung will der Experte nicht gelten lassen. Für wesentlich hält er vor allem zwei Aspekte: einerseits, wie verkeimt der Boden ist, und andererseits, welche Keime dort sind. Tummeln sich auf dem Untergrund etwa extrem gefährliche Bakterien wie Salmonellen oder EHEC-Erreger, kann das der Gesundheit schaden, selbst wenn man das Essen sofort wieder aufhebt.

Fällt das Brot mit der Butterseite voraus hinunter, ist das außerdem heikler, als wenn es auf der trockenen Seite landet. Denn: An klebrigen Produkten haften auch Bakterien leichter bzw. sind schwieriger wieder zu entfernen. Landet ein Apfel am Boden, lässt er sich durch nochmaliges Waschen aber meist wieder reinigen.

Auf den Boden kommt es an

Mehr Vorsicht ist geboten, wenn jemand mit den Straßenschuhen in jedes Eck der Wohnung geht oder wenn dort Haustiere wie Hund, Katze oder Kaninchen leben. Auch die Art des Bodens macht einen Unterschied: Aber selbst da eröffnen sich noch Fragen: Um welche Art Teppich handelt es sich, wie lang oder dicht sind etwa die Fransen? Oder: Wann wurde der Holzboden zuletzt gereinigt und wie? Und natürlich: Ist jemand im Freien unterwegs oder zu Hause?

Dort empfiehlt Domig vor allem vernünftige Händehygiene. Denn wer sich beim Heimkommen die Hände ordentlich wasche und beim Zubereiten von Speisen die wichtigsten Regeln beachte, leiste einen entscheidenden Beitrag, dass ihn das Essen nicht krank macht. Das seien die Kardinalfragen, dort passierten die meisten Fehler.

Im Haushalt gelte es etwa, grundlegende Regeln der Küchenhygiene zu beachten, also Schneidbrett und -messer von rohen und zubereiteten tierischen Lebensmitteln zu trennen, Hühnerfleisch gut durchzubraten oder darauf zu achten, dass der Kühlschrank nicht zu warm ist.

In seiner Forschung am Institut für Lebensmittelwissenschaften befasst sich Domig unter anderem damit, wie Produkte länger haltbar bleiben, ohne dass sie sich für den Konsumenten unangenehm verändern. „Der Konsument giert nach Frische und will zugleich etwa möglichst lang haltbare Milch“, sagt er.

Gemeinsam mit einem Unternehmen entwickelte er beispielsweise ein Verfahren, wie sich Spuren von Clostridien, das sind hitzebeständige Bakterien, schon in kleinen Mengen von Milch feststellen lassen. Clostridien machen etwa Käse ungenießbar, weil sie stinkende Buttersäure erzeugen. Dafür wurde Domig kürzlich beim Science2Business Award mit dem dritten Platz ausgezeichnet.

Mit seiner Forschung will er einen Beitrag dazu leisten, dass Lebensmittel dem Konsumenten gut schmecken und nicht gefährlich sind. Zugleich müsse die Forschung aber auch sagen, was nicht möglich ist.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2016)

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