Mittermeier will auf zu neuen Ufern

(c) ORF (Ralph Larmann)
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Michael Mittermeier hat endlich seinen, vor einem Jahr noch zu 35 Jahren Haft verurteilten, burmesischen Kollegen Zarganar getroffen. Er beendet seine kabarettistische Babyphase.

Mit Comedystars ist es so eine Sache. Man erwartet immer, dass sie lustig sind – und ist, wider besseres Wissen, erstaunt, wenn sie es nicht sind. Ganz besonders, wenn man auch noch das Gesicht von Michael Mittermeier vor sich sieht – zumindest imaginär, denn tatsächlich ist der bayrische Komiker gerade in München gelandet. Und hat überhaupt nicht vor, ins Gespräch auch nur eine Pointe zu verpacken.

Mittermeier kommt aus Berlin, von einem durchaus denkwürdigen Treffen. Am Abend zuvor ist er im Chamäleon in den Hackeschen Höfen gemeinsam mit Zarganar auf der Bühne gestanden – jenem burmesischen Kollegen, über den er 2010 einen Film gemacht hat. Und der vor einem Jahr noch, zu 35 Jahren Haft verurteilt, im Gefängnis saß. „Ich war noch mit dem Auswärtigen Amt in Kontakt, der Menschenrechtskommissar hat noch versucht, ihn in der Haft zu besuchen“, erinnert sich Mittermeier.

Dann wurden im Oktober gut 6000 Häftlinge freigelassen, darunter 220 (von rund 2100) politische Gefangene. Zarganar, der bissige Komödiant, war unter ihnen. Anfang Juni standen er und Mittermeier einander zum ersten Mal gegenüber. „Es war so“, sagt Mittermeier, „wie wenn man einen guten Freund wieder trifft. Ich habe immer das Gefühl gehabt, ich kenne ihn, ich habe ja seine Videos über Jahre hinweg dauernd geguckt. Es war eigentlich ganz normal – aber dabei völlig spektakulär.“


Vorige Woche waren die beiden gemeinsam in Dublin, als Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi von Amnesty International ausgezeichnet wurde. Der Preis wurde ihr von U2-Frontmann Bono überreicht. Für Mittermeier schloss sich damit wohl ein Kreis. Legendär die Geschichte, wie U2-Fan Mittermeier 1987 bei einem Konzert in München in der ersten Reihe stand, als Bono sich bei einem „Impressions“-Lied verspielte und fragte, ob jemand Gitarre könne. Security-Leute hievten Mittermeier auf die Bühne. Damals, heißt es, sei ihm klar geworden, dass auch für ihn nur die Bühne in Frage käme.

U2-Fan ist Mittermeier bis heute. „Man wechselt ja seine Lieblingsband nicht“, antwortet er leicht empört, fast als hätte man ihn nach seinem Fußballklub (FC Bayern) gefragt. Aber das habe mit der privaten Geschichte, die sich entwickelt hat, nichts zu tun. „Wir treffen uns als Freunde, waren jetzt zwei Tage bei denen und hatten eine gute Zeit. Er, sein Team und seine Family sind eine wahnsinnig liebe Familie, die uns scheinbar irgendwie mag und reinlässt.“ Gemocht hätten auch die übrigen Iren das deutsch-burmesische Duo. Gemeinsam hatten sie Geschichten erzählt, „ernste und lustige, das hat sehr gut funktioniert.“

Überhaupt sei Humor universal – „mit der Abstufung, dass in jedem Land Sprache und Umgebung anders sind. Wenn man in einem Militärregime lebt – in Burma gibt es jetzt den Übergang zur Demokratie oder auch nicht – hat man andere Voraussetzungen als in Wien.“ Wobei sich Mittermeier in Burma selbst in gefährliche Situationen gebracht hatte. „Mei“, sagt er: „Ich bin seit vielen Jahren engagiert. In dem Fall wars vielleicht ein bisschen extremer. Ich finde es wichtig, dass man seine Stimme erhebt.“


In sein nächste Woche in Wien und Graz zu Ende gehendes (wohl auch U2-inspiriertes) Programm „Achtung Baby“ hat jedenfalls auch schon das Weltgeschehen Einzug gehalten. Sein „Baby“ ist inzwischen vier und das Programm über Hebammen und volle Windeln, das auf dem gleichnamigen Bestseller basiert, sei nicht mitgewachsen. Natürlich habe seine Tochter sein Leben verändert („Man schläft weniger und hat mehr Verantwortung. Es ist schön, mit noch einem Menschen durch die Welt zu gehen.“) „Aber Nummern über den Fortgang der Kindheit wären mir zu langweilig. Auf zu neuen Ufern – es passiert gerade sehr viel!“

Termine

Michael Mittermeier (46) beendet in Österreich seine Tour „Achtung Baby“ (3. Juli Graz, 4. bis 7. Juli Wiener Stadthalle). ORF eins zeigt „Achtung Baby“ am 6. und 13. Juli. Inzwischen trainiert Mittermeier für sein (englischsprachiges) Debüt beim Edinburgh Festival Fringe, wo er im August täglich auftreten wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2012)

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