Die EZB nimmt keine griechischen Anleihen mehr als Sicherheit an. Das Geld fließt aber weiter: "Permanente Notkredite" machen es möglich.
Seit Mittwoch nimmt die Europäische Zentralbank (EZB) keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheit an. Griechenland kann sich somit von der EZB kein Geld mehr besorgen. Mehr als ein symbolischer Schritt ist das aber nicht. Denn der Geldfluss für griechische Banken versiegt damit nicht: Diese müssen nun auf Notfallkreditlinien der griechischen Zentralbank ausweichen. "Die Absicherungswirkung gegen einen Bankrott Griechenlands, die man auf den ersten Blick vermuten könnte, tritt nicht wirklich ein", schreibt dazu das "Handelsblatt".
"Jetzt drucken die Griechen ihre Euro selbst"
"Jetzt drucken sich die Griechen ihre Euro selbst", titelte daher "Focus Online". Allerdings mit Duldung der EZB. Denn das Notfallprogramm, bekannt auch unter dem Namen "Emergency Liquidity Assistance" (ELA), ist an die Genehmigung des EZB-Rats gebunden. Die EZB verstößt damit im Prinzip gegen ihre eigenen Vorgaben. Denn wenn die EZB keine griechischen Anleihen mehr akzeptiert, dürfte sie eigentlich auch die Notfallkredite nicht akzeptieren: "Insolvente Banken dürfen nach den Regeln der EZB auch die nationalen Zentralbanken nicht stützen", berichtet das "Handelsblatt".
Theoretisch werden Notfallkredite auf Risiko der nationalen Zentralbanken, in diesem Fall der griechischen Notenbank, vergeben. Wenn die griechischen Banken also ihre Kredite nicht zurückzahlen können, ist das ein Problem der griechischen Zentralbank. Die EZB und die haftenden Euroländer sind somit aus dem Schneider - aber nur theoretisch. Denn im Falle eines Staatsbankrotts oder Austritts Griechenlands aus der Eurozone müsste die griechische Zentralbank ihre Verbindlichkeiten gegenüber der EZB - die sogenannten "Target-Salden" (mehr dazu...) - begleichen, wozu sie aber nicht im Stande sein wird.
Fast gesamte Refinanzierung über Notkredite
Im Mai hatte "Welt am Sonntag" davon berichtet, dass in Europa 145 Milliarden Notkredite schlummern würden. Griechenland, Irland, Spanien und Zypern hatten ihren Banken allein im März Notfallkredite in Höhe von mehr als 120 Milliarden Euro gewährt. Seit Jahresbeginn hat sich das Volumen demnach verdoppelt. Bereits im Mai - kurz nach dem Schuldenschnitt - soll sich Griechenland nur 3,5 Milliarden Euro auf dem normalen EZB-Weg besorgt haben, aber 124 Milliarden über die heimische Notenbank, berichtet auch "Focus Online". Im Juni wurden 74 Milliarden über die konventionellen EZB-Geschäfte beschafft, 62 zusätzliche Milliarden über die Notkredite.
Und daran dürfte sich vorerst nichts ändern - im Gegenteil. "Ich gehe davon aus, dass fast die gesamte Refinanzierung, die bislang noch über die EZB gelaufen ist, durch ELA-Kredite substituiert wird", zitiert "Focus Online" Johannes Mayr, Volkswirt bei der Landesbank BayernLB.
"Schrottpapiere in harte Euro eintauschen"
Innerhalb der EZB sind die Notfallkredite dem Focus-Bericht zufolge keineswegs umstritten: "Die Gewährung von ELA-Krediten wird im EZB-Rat regelmäßig diskutiert und unter verschiedenen Aspekten bewertet - auch vor dem Hintergrund, dass die ELA-Gewährung vorübergehend sein soll und keinen permamenten Charakter hat", teilt die deutsche Bundesbank mit.
Auch in dem "Welt am Sonntag"-Bericht wurde vor den ELA-Auswüchsen gewarnt: "Im Rahmen dieser Notfallhilfen kann eine nationale Zentralbank nach eigenem Ermessen weitere Milliardensummen verleihen – und sie kann selbst entscheiden, welche Sicherheiten sie dafür verlangt. In der Praxis bedeutet das: Selbst Wertpapiere oder Kredite mit Ramsch-Status können als Sicherheit für eine ELA noch lange gut genug sein. Die Notenbank tauscht Schrottpapiere in harte Euro ein."
Keine Chance auf Mehrheit
Der EZB-Rat hätte zwar die Möglichkeit, die heimlich rotierenden Notenpressen des griechischen ELA-Programms zu stoppen. Dazu ist aber eine Zweidrittelmehrheit im Rat notwendig. Allerdings haben dort alle Zentralbanken nur eine Stimme - und die Profiteure der Notkreditprogramme sind momentan in der Mehrheit.
(phu)