Koller: "Scharner nahm Konkurrenzkampf nicht an"

Da war noch alles in Ordnung
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Der ÖFB-Teamchef zeigte sich am Tag danach verwundert von Paul Scharners Abgang: "Ich habe mich hundertprozentig nicht geändert". Der Defensivspieler gab sich weiter uneinsichtig.

Paul Scharners lautstarker Abgang aus der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft sorgt bei Teamchef Marcel Koller nach wie vor für Kopfschütteln. Der Schweizer zeigte für die - vergebliche - Forderung des 32-Jährigen nach einem Stammplatz im ÖFB-Team kein Verständnis und wies Scharners via "News" geäußerte Kritik, mit ihm sei respektlos umgegangen worden, entschieden zurück.

"Ich versuche, jeden respektvoll zu behandeln. Wenn er das Gefühl hat, dass es bei ihm nicht so ist, wäre es auch respektvoll, wenn er zuerst mit mir darüber spricht und nicht an die Öffentlichkeit geht", erklärte Koller, der das von Scharner angekündigte Schreiben bereits erhalten hat. "Der Brief ist eine reine Selbstdarstellung von ihm", erzählte der Schweizer.

Koller: "Schnitzel schmecken lecker"

Koller hatte das "News"-Interview Donnerstagmittag nach eigenen Angaben noch nicht gelesen, wusste aber zumindest auszugsweise bescheid - so etwa über den Vorwurf, er habe sich im Sommer verändert. "Das stimmt hundertprozentig nicht. Ich versuche immer, professionell und am besten für die Mannschaft und den Fußball zu entscheiden." Der "Schnitzel"-Vergleich kostete Koller gerade einmal ein Lächeln. "Ich esse nicht jeden Tag ein Schnitzel, aber es schmeckt richtig lecker." Der 51-Jährige wunderte sich über den abrupten Meinungsumschwung bei Scharner. "Vorher war alles gut, und als er wusste, dass er nicht spielt, war auf einmal alles schlecht."

Der Neo-HSV-Legionär hatte Dienstagmittag das Gespräch mit Koller gesucht und dabei erfahren, gegen die Türkei nicht erste Wahl zu sein und für die WM-Qualifikation kein Stammleiberl zu haben. Daraufhin kündigte Scharner seinen Abschied an, bekam von Koller dann noch einmal die Chance, seine Entscheidung zu revidieren, blieb aber bei seiner Meinung. Mittwochmittag war es endgültig beschlossene Sache, dass der Niederösterreicher nie mehr im ÖFB-Team zu sehen sein wird. "Ich habe das den Spielern eine Viertelstunde vor dem Mittagessen gesagt, konnte mit ihnen aber nicht detailliert darüber reden, weil wir uns aufs Spiel konzentrieren mussten."

Scharner beschwerte sich über mangelnde Wertschätzung und darüber, dass er lediglich als Ersatzmann vorgesehen sei. Laut Koller hätte der frühere Premier-League-Legionär, den er erst am Montag in den Mannschaftsrat berufen hatte, in der WM-Qualifikation aber durchaus eine tragende Rolle einnehmen können. "Wenn ich den Eindruck gehabt hätte, es reicht nicht fürs Nationalteam, hätte ich ihn nicht einberufen."

In der ÖFB-Innenverteidigung herrsche angesichts von Spielern wie Sebastian Prödl, Emanuel Pogatetz und Aleksandar Dragovic der größte Konkurrenzkampf von allen Mannschaftsteilen, so Koller. "Diesen Konkurrenzkampf hat er nicht angenommen und die Konsequenzen gezogen", erklärte der Nationaltrainer.

Scharner entgegnet ÖFB-Darstellung

Scharner kehrte mittlerweile wieder nach Hamburg zurück und widersprach via Klub-Homepage (www.hsv.de) der ÖFB-Aussendung, er habe eine "Schlüsselrolle" gefordert. "Die Darstellung des österreichischen Fußballverbandes rund um meine Abreise aus dem Trainingslager der Nationalmannschaft ist absolut nicht zutreffend", ließ der 40-fache Internationale verlauten, ohne aber näher darauf einzugehen.

Dafür ließ er neuerlich seinen Ärger über die seiner Meinung nach zu geringe Wertschätzung durchklingen. "Schon bei meiner Ankunft in Österreich war den Medien zu entnehmen, dass ich gegen die Türkei und auch in Zukunft nicht mehr spielen werde", erklärte der Abwehrspieler. Er habe daraufhin das Gespräch mit Koller gesucht. Dieser habe ihm bestätigt, dass er trotz seiner zuletzt guten Leistungen auf andere Spieler setzen werde. "Stattdessen hat er mich in den Mannschaftsrat beordert, weil ich das Team pushen und führen sollte."

Daraufhin entschied Scharner, das Teamhotel zu verlassen. "Diese Rolle kann ich nicht akzeptieren und dafür kann ich mich auch nicht zur Verfügung stellen. Das kommt der Funktion eines Trainers gleich. Koller hat daraufhin die Aussage gemacht, dass ich unter ihm nicht mehr spielen werde. Deswegen habe ich die Mannschaft verlassen. Dann kann ich mich besser mit voller Kraft dem HSV widmen", wurde Scharner zitiert.

(APA)

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