Schade um Paul Scharner

Teamgeist: Wenn aus einem Querkopf ein Querulant wird, dann wird es unerträglich.

Der August 2012 ist kein guter Monat für österreichische Sportjournalisten. Das hat allerdings nicht nur mit dem medaillenlosen Unglück bei den Sommerspielen in London zu tun. Zuerst ist uns Markus Rogan abhandengekommen, jetzt hat Paul Scharner seinen Rücktritt vom Fußballnationalteam provoziert. Zwei Typen, die in ihrer Karriere nicht nur viel erreicht haben, sondern immer auch mündige Sportler waren. Querdenker und Querköpfe, die absichtlich, aber eben auch unbewusst polarisieren. Beim bewegten Hamburger Sportverein werden sie jedenfalls mit Scharner noch ihren Spaß haben.


Der 32-jährige Niederösterreicher ist schon immer mit seiner Eigenwilligkeit aufgefallen. Einmal hat er eine Einwechslung verweigert, weil ihm die vorgesehene Position nicht passte, dann wiederum fühlte er sich vom Nationalteam negativ beeinflusst, ein anderes Mal sprach er von einem unprofessionellen Umfeld beim ÖFB. Das kostete ihn sogar die Teilnahme an der Euro 2008. Als Österreich dann einen Constantini-Nachfolger suchte, brachte er sich selbst ins Gespräch.

Bei Scharner musste man immer mit einer Überraschung rechnen, jetzt war der Defensiv-Allrounder vielleicht sich selbst zu schnell. Wenn es nach ihm geht, dann ist seine Teamkarriere noch nicht beendet, wenn es nach Marcel Koller geht, dann gibt es aber kein Zurück. Paul Scharner, der stets von Manchester United geträumt hat, ist der Selbstüberschätzung erlegen – weil er ersetzbar ist. Das spricht für die Arbeit von Marcel Koller. Und die Journalisten werden Paul Scharner künftig im Team vermutlich mehr vermissen als seine Mitspieler.

wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2012)

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