Carsharing: Neue Autos, neue Preise

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Carsharing Neue Autos neue(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der bisherige Platzhirsch, Car2go, wird teurer und bekommt Konkurrenz: Carsharing.at setzt auf fixe Standplätze, die Flotte wächst demnächst deutlich. Easymotion plant den bevorstehenden Start in Wien.

Wien. Es ist nicht zu übersehen. Die kleinen, bedruckten und gemeinsam genutzten Autos auf Wiens Straßen werden mehr. 500 blau-weiße Smarts von Car2go sind mittlerweile unterwegs. Die Konkurrenz, die grün-weißen oder rot-grünen Autos von Carsharing.at parken seit wenigen Tagen auf eigens dafür reservierten Stellplätzen. Ein Dritter, Easymotion, scharrt in den Startlöchern.

Ungeachtet der wachsenden Konkurrenz wird Platzhirsch Car2go in wenigen Wochen teurer: Der Tagsatz steigt mit 1. Oktober von 39 auf 59 Euro. Der Tarif für Fahrtunterbrechungen, also dafür, den Smart stehen zu lassen und gleich wieder zu nutzen, wird von neun auf 19 Cent pro Minute mehr als verdoppelt, die Reservierungszeit schrumpft von 30 auf 15 Minuten. Der Tarif pro Minute bleibt bei 0,29 Cent. Andreas Leo von Car2go erklärt die Preiserhöhungen mit den deutlich gestiegenen Gebühren in Wien. In der Branche munkelt man, die Daimler-Tochter Car2go will so die Kunden lenken: Die kleinen Smarts sollen eher nur für kurze Innenstadtfahrten genutzt werden und möglichst oft zur Verfügung stehen.

Für längere Ausfahrten kommen ohnehin neue Anbieter: Carsharing.at – das vor Kurzem vom US-Konzern Zipcar übernommen wurde – ist schon länger in Wien aktiv, seit einer Woche aber präsenter als zuvor. Seither stehen die Fahrzeuge statt zuvor in Garagen auf eigens reservierten Parkplätzen. Carsharing.at ist damit der erste fixe Vertragspartner der Stadt, die diese Plätze drei Jahre lang kostenfrei und später gegen eine Jahresgebühr von 1200 Euro zur Verfügung stellt.

Rot-grüne Differenzen

Bloß, die Bezirke unterstützen diese Kooperation teilweise nicht. 150 fixe öffentliche Stellplätze seien in einer Rahmenvereinbarung mit der Stadt ausgehandelt worden, sagt Carsharing.at-Geschäftsführer Christof Fuchs. Bisher hätten nur in 20 Fällen auch die Bezirke zugestimmt. „Erstaunlich ist, dass bis auf den Dritten alle roten Bezirke bisher abgelehnt haben“, sagt Fuchs. Auch aus dem Rathaus hört man, dass das Thema Carsharing ein Politikum innerhalb der Stadtregierung geworden sei. Während man den Grünen eine große Affinität zum Carsharing zuschreibt, lege sich die SPÖ quer. Trotz der Startschwierigkeiten will Fuchs seine Flotte ausbauen: Derzeit sind in Wien 120 Autos mit der Bemalung von Carsharing.at und seiner Werbepartner unterwegs, Ende des Jahre sollen es 200 sein. „Mittelfristig werden es 500“, sagt Fuchs. Sein Modell schließe an jenes von Car2go an: Während die Smarts vor allem für kurze Innenstadtfahrten genutzt werden, seien die Autos von Carsharing.at im Schnitt 8,5 Stunden und 65 Kilometer unterwegs. Ähnlich wie bei Car2go können die Autos via App geortet, via Smartphone gebucht und per Chipkarte aufgesperrt werden. Das günstigste Auto kostet tagsüber pro Stunde 1,40 Euro und pro Kilometer 0,39 Cent – Treibstoff inklusive.

Diese Tarife müssen sich bald mit jenen eines weiteren Konkurrenten messen: Easymotion. Das Partnerunternehmen der Deutschen Bahn will voraussichtlich im November mit 150 bis 200 Autos in Wien starten. Stefan Miklauz, der Geschäftsführer von Easymotion, will den blau-weißen Smarts mit seinen „jungen, pfiffigen Fahrzeugen mit Luxusausstattung“ auch preislich den Kampf ansagen: 20 bis 25 Prozent billiger als Car2go soll Easymotion sein. Mit einem Verdrängungswettbewerb ist nicht zu rechnen, schließlich gehen Experten von einem großen Potenzial aus: Der Anteil der Carsharing-Autos am städtischen Pkw-Verkehr könnte in wenigen Jahren auf 40 Prozent wachsen, schätzt Sebastian Kummer von der WU Wien. Derzeit sind es noch keine fünf Prozent.

Smile-Card für mobile Wiener

Auch Easymotion will mit der Stadt zusammenarbeiten und teils fixe Standplätze nutzen. Und noch eine Kooperation ist geplant: die sogenannte Smile-Card. Diese Karte, die möglicherweise als Chip auf den Führerschein geklebt wird oder via Handy funktioniert, soll einmal zugleich Zugang zu Carsharing-Autos, Citybikes oder Park & Ride-Anlagen verschaffen oder als Ticket für die Wiener Linien oder die ÖBB dienen. Noch ist dieses Projekt im Forschungsstadium, es werden Jahre vergehen, bis eine derartige Karte auf den Markt kommt.

Auf einen Blick

Die 500 blau-weißen Smarts von Car2go beherrschen noch den Wiener Carsharing-Markt, aber dieser kommt kräftig in Bewegung: Carsharing.at baut die Flotte in den kommenden Wochen aus – seit einer Woche auch mit eigenen Stellplätzen, um die noch mit den Bezirken gefeilscht wird. Im Spätherbst kommt mit Easymotion ein dritter Anbieter, der Car2go preislich deutlich unterbieten will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2012)

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