Frankreich: Hollande laufen die Reichen davon

Hollande laufen Reichen davon
Hollande laufen Reichen davon(c) REUTERS (PHILIPPE WOJAZER)
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Frankreichs Staatspräsident François Hollande kommt durch die verschlechterte Konjunktur und die wachsende Kritik an seiner Krisen- und Steuerpolitik in Bedrängnis.

Paris. Die Konjunktur des Landes ist angeschlagen. Frankreichs Wirtschaft leidet immer stärker unter der Krise. Und nun verlassen auch noch die reichsten Franzosen das Land, weil ihnen die Steuern zu hoch sind. Keine einfachen Zeiten für Staatspräsident François Hollande, der am Sonntagabend versuchte, seine Politik von neuen Steuern und Einsparungen in einer TV-Ansprache zu rechtfertigen.

Während Hollandes Parteigenossen den mangelnden Patriotismus von Franzosen wie dem Milliardär Bernard Arnault brandmarken, sehen seine Gegner darin einen Beleg für eine verfehlte Politik der sozialistischen Regierung. Der 63-jährige Vorsitzende und Hauptaktionär der Luxusartikelgruppe LVMH hatte nach ersten Gerüchten in belgischen Zeitungen am Wochenende bestätigt, dass er in das Nachbarland umziehe. „Wenn man Frankreich liebt, geht man nicht weg, wenn Sturm aufzieht“, protestierte der Sozialist Harlem Désir.

Freilich haben bereits andere Reiche aufgrund der Steuerpolitik der Linksregierung ein Exil in fiskalisch günstigeren Nachbarländern gewählt. So hat sich laut dem Magazin „Le Nouvel Observateur“ der (mit schätzungsweise 400 Mio. Euro Privatvermögen) ebenfalls sehr wohlhabende frühere Chef des Kosmetikkonzerns L'Oréal, Lindsay Owen-Jones, in diesem Sommer im Tessin niedergelassen. Der konservative Ex-Premier François Fillon macht den Staatspräsidenten unverhohlen für diese Entwicklung verantwortlich. Die Steuerflucht sei die logische und unerfreuliche Folge der „stupiden Entscheidungen“ von Präsident Hollande und seiner Regierung.

Eine derartig dramatisch zugespitzte Polemik über seine Steuerpolitik hatte Hollande gerade noch gefehlt. Er hat nach übereinstimmender Meinung der französischen Medien den politischen Start nach der kurzen Sommerpause verpasst. Seine Popularität schwindet, nur noch 48 Prozent glauben laut einer am Sonntag publizierten Umfrage, dass er seine Versprechen halten könne. Er weiß selbst, dass er es nicht allen recht machen kann: „Wenn ich Distanz halte, heißt es, ich sei überheblich. Wenn ich reagiere, heißt es, ich imitiere Sarkozy. Wenn ich für Kompromisse eintrete, sagt man, ich zögere.“ Seine einzige Antwort darauf sei es, konstant zu bleiben, der Politik eine Perspektive zu geben und über der Polemik zu stehen.

Hollande will seine Versprechen halten, soziale Gerechtigkeit schaffen und gleichzeitig die Verpflichtung, das Staatsdefizit 2013 auf drei Prozent des BIP zu reduzieren, respektieren. Dazu sind Steuererhöhungen von 15 bis 20 Milliarden und Ausgabenkürzungen von mindestens zehn Milliarden erforderlich. Sonntagabend versuchte Hollande diese Linie in einer TV-Rede zu rechtfertigen und seine Landsleute auf Geduld und neue Belastungen einzuschwören. Klar ist, dass die Regierung um weitere Steuererhöhungen nicht herumkommen dürfte. Sie werden voraussichtlich nicht nur die Reichsten treffen, sondern auch den Mittelstand.

Auf einen Blick

Steuerflucht. Der reichste Franzose, der Milliardär Bernard Arnault, hat angekündigt, in das steuerlich günstigere Belgien umzuziehen. Politische Gegner machen Hollande für diese Entwicklung verantwortlich, da er mehr auf neue Steuern als auf Einsparungen setzt. [AP]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2012)

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