Kärnten: „ÖVP hat sofort reinen Tisch gemacht“

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Die Volkspartei betont die Distanz zu Martinz. Landesrat Wolfgang Waldner verweist auf „neues Angebot“ an die Wähler. Drei Kärntner Parteien drängen auf Rücktritt der FPK-Spitze.

Klagenfurt/Wien/Ett/Apa. Sowohl die Bundes-ÖVP als auch die Kärntner Landespartei waren nach der – nicht rechtskräftigen – Verurteilung von Ex-Landesparteichef Josef Martinz zu fünfeinhalb Jahren Haft bemüht hervorzustreichen, dass dieses Kapitel für die Partei bereits beendet ist. „Das Urteil ist für Martinz und seine Familie eine menschliche Tragödie“, betonte der seit wenigen Wochen amtierende ÖVP-Landesrat Ex-Staatssekretär Wolfgang Waldner auf Anfrage der „Presse“.

Zugleich stellte Waldner am Dienstag jedoch klar, dass bereits Konsequenzen gezogen wurden: „Die ÖVP ist jedenfalls die einzige Kärntner Partei, die nach dem Birnbacher-Geständnis sofort reinen Tisch gemacht und die gesamte Parteispitze erneuert hat.“ Und weiter: „Wir treten mit einem völlig neuen Angebot vor den Wähler und wollen mit integren Personen an der Parteispitze das Vertrauen der Wähler zurückgewinnen.“

Gabriel Obernosterer führt bereits seit Ende Juli nach dem Rücktritt von Martinz, der aus der Partei ausgetreten ist, interimistisch die Kärntner ÖVP. Bei einem Landesparteitag am 13. Oktober ist die offizielle Bestellung vorgesehen.

In Wien betonte ÖVP-Obmann Spindelegger, er befürchte keinen langfristigen Schaden für die ÖVP. Martinz sei nicht mehr Mitglied. „Ich sehe keinen Grund, dass das ein ÖVP-Bashing wird.“

„Das war Jörg Haiders System“

Waldner sieht jetzt die Kärntner Freiheitlichen (FPK) am Zug und verwahrt sich dagegen, dass diese von einem „ÖVP-Skandal“ sprechen: „Jeder in diesem Land weiß, dass das nicht das System der ÖVP war, sondern das System Jörg Haiders, von dem sogar der Richter sagt, dass er nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden kann.“ Auch Spindelegger erklärte, dass die Vorwürfe gegen die FPK „nicht vom Tisch sind – im Gegenteil“.

In Kärnten verstärkten die anderen drei Landtagsparteien, also SPÖ, ÖVP und Grüne, den Druck auf die Kärntner Freiheitlichen. Nach einem Gespräch forderten die drei Parteichefs Peter Kaiser (SPÖ), Obernosterer (ÖVP) und Frank Frey (Grüne) den Rücktritt der FPK-Spitze. Konkret nannte Obernosterer Landesrat Harald Dobernig, FPK-Chef Kurt Scheuch und Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Mit Hinweis auf Ermittlungen der Justiz (siehe Bericht oben) müssten diese „Konsequenzen ziehen, bevor der Richter Konsequenzen zieht“.

Bei einer FPK-Klubklausur verteidigte Kurt Scheuch seinen Bruder Uwe Scheuch und Landesrat Dobernig: „Das sind zwei tadellose Persönlichkeiten, die sich nichts haben zu schulden kommen lassen.“ Es sei auch „kein einziger Euro-Cent“ in die Parteikasse der Freiheitlichen geflossen.

SPÖ, ÖVP und Grünen verlangen weiter rasche Neuwahlen, die mittlerweile frühestens im Jänner 2013 möglich sind. Sie werden deswegen kommende Woche erneut den Landtag zu einer Sondersitzung einberufen. Die FPK will erst am 3. März 2013 wählen lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2012)

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