Irans Theokraten entgleitet die Kontrolle über ihr Geld.
Wenn die jüngsten Meldungen aus dem Iran zutreffend sind, dann haben wir es diesmal mit mehr als nur dem Protest einer unterdrückten Mittelschicht zu tun. Die Krawalle vor den Wechselstuben verdeutlichen, dass es nun ans Eingemachte geht: Den Theokraten in Teheran entgleitet offenbar die Kontrolle über den wirtschaftlichen Grundbaustein – den Wert des Geldes.
Der rasante Verfall der iranischen Währung lässt darauf schließen, dass der westliche Ölboykott zu greifen beginnt: Der Rial stürzt ab, weil der Iran dem Ausland außer Rohöl wenig zu bieten hat. Und dieser Absturz potenziert wiederum Irans hausgemachte Probleme. Dass die Folgen der Sanktionen die Bürger tragen müssen, liegt in der Natur der Sache – Systemwechsel geht nur, wenn für eine kritische Masse der Iraner der Status quo schmerzhafter ist als der Wandel. Und wie sich dieser Schmerz am besten erzeugen lässt, wusste schon Lenin: „Der sicherste Weg zum Umsturz einer Gesellschaft ist die Zerstörung ihrer Währung.“
michael.laczynski@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2012)