Privilegien: Pensionsparadies Sozialversicherung

(c) Clemens Fabry
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Hacklerpensionen, früher Ruhestand, Privilegien für Bedienstete, die vor 1996 angestellt worden sind bereitet dem Sozialminister Kopfzerbrechen. Der Rechnungshof sieht ein Sparpotenzial von 1,4 Milliarden Euro.

Wien/Ett. Zwei Drittel (67 Prozent) der Bediensteten der Sozialversicherungen, die 2010 in Pension gingen, nützten dafür die Hacklerfrühpension. Die Folge war ein im Schnitt besonders früher Ruhestand: Denn das durchschnittliche Pensionsantrittsalter der männlichen Beschäftigten lag 2010 bei 59,9 Jahren und bei weiblichen Bediensteten der Sozialversicherung bei 55,7 Jahren – und somit rund fünf Jahre unter dem Regelpensionsalter. Der Rechnungshof hat nun in einem neuen Bericht das Pensionsrecht der Sozialversicherungen scharf kritisiert. Demnach kamen mehr als zwei Drittel der Bediensteten, nämlich 69,7Prozent der Männer und 73,2 Prozent der Frauen, die 2009 und 2010 in Pension gingen, dank Zusatzpensionen, sogenannten Dienstgeberleistungen, und trotz bereits erfolgter Reformen auf üppige Ruhebezüge von teils deutlich mehr als 80 Prozent des Letztbezugs.

302 Millionen für Pensionen

Zwar gilt für 14.260 Beschäftigte, die ab 1996 in den Sozialversicherungen eingestellt wurden, ein System, das jenem der ASVG-Versicherten angepasst wurde. Aber rund die Hälfte der Bediensteten, 14.027 Personen, die vor 1996 angestellt wurden und noch aktiv sind, kommen noch in den Genuss des begünstigten Systems. Dieses sieht neben der ASVG-Pension eine zusätzliche Dienstgeberleistung vor. Für rund 16.000 derzeitige Pensionisten machten die Gesamtkosten dafür immerhin rund 302 Millionen Euro aus.

Für den Rechnungshof ergibt sich jedenfalls beträchtlicher Spielraum, die Kosten künftig zu drücken. Würden weitergehende Reformen umgesetzt, ergebe dies für den Zeitraum von 2013 bis 2050 gerechnet ein Einsparpotenzial von in Summe 1,4 Milliarden Euro, wird im Bericht vorgerechnet. Diese Gesamtsumme teilt sich nach den Berechnungen des Kontrollorgans so auf: Empfohlene Reformen würden bei den 9366 Verwaltungsangestellten insgesamt 950 Millionen Euro (Geldwert 2011) Einsparungen bringen, bei weiteren 4496Bediensteten (Ärzte, Pflegedienst, Zahntechniker) kämen nochmals 450 Millionen Euro dazu.

Für jene Beschäftigten, die vor 1996 bei den nunmehr 28 Sozialversicherungsträgern eingestellt worden sind, stellen die Pensionsregelungen gemessen an anderen Systemen ein Pensionsparadies dar.

Vorteile von Beamten und ASVG

Denn diese Beschäftigten können Vorteile von Beamtenrecht und ASVG in Anspruch nehmen, wie der Rechnungshof auflistet. So steht ihnen nach dem Vorbild der Privatwirtschaft bei Beendigung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung zu. Frauen können das niedrigere Pensionsalter ab 55 Jahren nützen. Umgekehrt bestand ähnlich dem Beamtenrecht Unkündbarkeit nach einem zehnjährigen Dienstverhältnis.

Außerdem führten die Reformen bei Beamtenpensionen 2004/05 zu größeren Einsparungen als die Änderungen bei der Gesamtpension (ASVG- und Zusatzpension) der Sozialversicherungsbediensteten. Diese Gesamtpension verringert sich zwar für Bedienstete mit späterem Geburtsjahrgang, allerdings hauptsächlich deswegen, weil die ASVG-Pension niedriger ausfällt.

Ein Grund: Die Abschläge, also die Kürzungen der Zusatzpensionen, waren bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand mit 1,2Prozent (bei Akademikern 1,5 Prozent) der Bruttopension um rund zwei Drittel niedriger als im ASVG oder beim Bund. Weitere Sonderregelungen führten laut Rechnungshof dazu, dass Abschläge bei Pensionierungen wegen Dienstunfähigkeit „faktisch nicht zur Anwendung“ kamen.

Auf einen Blick

Der Rechnungshof sieht bei den Pensionen der Bediensteten der Sozialversicherungen bis 2050 noch Einsparmöglichkeiten von insgesamt 1,4 Milliarden Euro. Sozialminister Hundstorfer (SPÖ) plant, von pensionierten Beschäftigten der Sozialversicherung ab dem kommenden Jahr höhere Pensionsbeiträge einzuheben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2012)

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