Des Kapitäns Anwälte schieben die Schuld auf den indonesischen Steuermann, der die englischen Anweisungen nicht verstanden haben soll.
In der toskanischen Stadt Grosseto ist am Donnerstag hinter verschlossenen Türen das Beweissicherungsverfahren im Zusammenhang mit der Havarie des Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia am 13. Jänner fortgesetzt worden. Am vierten Tag in Folge erschien Kapitän Francesco Schettino vor Gericht. Seine Verteidiger legten Dokumente und Beweismaterial zur Entlastung des 52-Jährigen vor, dem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung 15 Jahre Haft pro Todesopfer drohen.
Zur Verteidigung ihres Mandanten wollen die Rechtsanwälte vor allem den indonesischen Steuermann der Costa Concordia belasten. Dieser habe die Anweisungen Schettinos nicht begriffen, der ihn aufforderte, das Steuer nach links zu drehen, um einen Aufprall des Schiffes auf einen Felsen vor der toskanischen Insel Giglio zu verhindern.
Sprachverwirrung
An Bord war die offizielle Sprache der Crew Italienisch, doch mehrere Crewmitglieder seien weder der italienischen noch der englischen Sprache mächtig gewesen, berichteten die Rechtsanwälte. Schettino habe dem Steuermann auf Englisch Befehle gegeben, die er offenbar nicht begriffen habe. Der Indonesier wird im Rahmen der Ermittlungen als Beitragstäter angesehen.
Auch die Reederei des Schiffes, Costa Crociere, wird von den Rechtsanwälten des Kapitäns kritisiert. Der Chef des Krisenmanagements der Costa Concordia habe zu lange gezögert, bis er die Hafenbehörden alarmiert und die Entsendung von Schleppern am Ort des Unglücks angefordert hatte, behaupten Schettinos Verteidiger.
Sieben Creu-Mitglieder und drei Manager
Neben dem Kapitän droht sechs weiteren Crew-Mitgliedern und drei Managern der Reederei Costa Crociere eine Anklage. Zu ihnen zählt auch der österreichische Vizepräsident von Costa Crociere, der jedoch nicht vor Gericht erschien.
Am vergangenen Montag hatte die umfangreiche Beweisaufnahme zum Unglück der Costa Concordia begonnen, die sich noch eine zweite Woche hinziehen könnte. Bei der Havarie des 290 Meter langen Kreuzfahrtschiffes kamen 30 Menschen ums Leben. Zwei gelten immer noch als vermisst. Die Costa Concordia war zu nahe an die Insel Giglio herangefahren, hatte einen Felsen gestreift und war mit mehr als 4.200 Personen an Bord, darunter 77 Österreicher, gekentert.
Verzögerung beim Abtransport
Inzwischen kritisierte Sergio Ortelli, Bürgermeister der Insel Giglio, Verzögerungen bei der Bergung des Kreuzfahrtschiffs. "Die Inselgemeinschaft erleidet gravierende Wirtschaftsschäden wegen des Wracks. Wir wollen verstehen können, warum es zu diesen Verspätungen kommt", protestierte der Bürgermeister. Es werde zu einer zweimonatigen Verspätung gegenüber den ursprünglichen Plänen kommen, hatte Silvio Bartolotti, Geschäftsführer des italienischen Unternehmens Micoperi, berichtet, das mit der US-Firma Titan Salvage mit der Bergungsaktion beauftragt wurde. Er führt unter anderem die schwierigen Wetterbedingungen der vergangenen Wochen ins Treffen. "Das Wrack wird bestimmt innerhalb des nächsten Frühjahrs weggebracht", versicherte Bartolotti.
(APA)