Verurteilt in Dubai, gefangen in Österreich

Verurteilt Dubai gefangen oesterreich
Verurteilt Dubai gefangen oesterreich(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Der Arzt Eugen Adelsmayr wurde im Mordprozess schuldig gesprochen. Erst, wenn das Urteil rechtskräftig ist, kann Dubai die Auslieferung des Mediziners beantragen. Nur in Österreich ist er weiter sicher.

Wien/Dubai. Egal, wie das endgültige Urteil im Fall Eugen Adelsmayr lauten wird – der Arzt aus Bad Ischl wird in seinem Leben gewiss nicht mehr nach Dubai reisen. Ein Gericht des Arabischen Emirats sprach Adelsmayr am gestrigen Sonntag in einem Mordprozess schuldig – und verurteilte ihn zu lebenslanger Haft. Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig. Der Anästhesist und Intensivmediziner, der drei Jahre lang in einem Krankenhaus in Dubai gearbeitet hat und dort durch unterlassene Hilfeleistung im Jahr 2009 einen pakistanischen Patienten getötet haben soll, kann aufgrund seiner Abwesenheit bei der Urteilsverkündung keine Berufung einlegen.

Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel gegen das aus ihrer Sicht zu milde Urteil ergreifen wird: Sie hatte die Todesstrafe für Adelsmayr gefordert. Nun hat die Behörde vierzehn Tage Zeit, gegen den Richterspruch zu berufen.

Erst, wenn das Urteil rechtskräftig ist, kann Dubai die Auslieferung des Mediziners beantragen. Solange dieser sich weiter in Österreich aufhält, ist er aber sicher, erklärt der Vorstand des Instituts für Strafrecht, Helmut Fuchs, in einem Gespräch mit der „Presse“: „Österreich liefert eigene Staatsbürger nicht aus.“ Sonderfälle würden lediglich ein EU-Haftbefehl oder Kriegsverbrecherprozesse darstellen, so der Experte.

Eine Gefängnisstrafe könnte Adelsmayr derzeit also nur in dem unwahrscheinlichen Fall drohen, dass auch ein österreichisches Gericht ein Verfahren gegen den 53-jährigen eröffnet und ihn ebenfalls schuldig spricht.

„Fall konstruiert“

Der Mediziner selbst spricht in Zusammenhang mit der ihm zu Last gelegten Tat von einer „Intrige“. Wegen der schlechten Mitarbeiterbeurteilung ihres österreichischen Vorgesetzten hätten zwei Ärzte aus dem Tod des pakistanischen Patienten einen „Fall konstruiert“, so Adelsmayr in einem „Presse“-Interview vor wenigen Tagen. „Sie sagten, ich hätte mündlich angeordnet, dass der Patient nicht wiederbelebt werden soll und ich durch einige Therapieanweisungen den Tod herbeigeführt hätte“, so der Mediziner. Die beiden Ärzte erstatteten Anzeige bei der Polizei, der Fall landete bei der Staatsanwaltschaft.

Das österreichische Außenministerium sei daraufhin während der gesamten Prozessdauer in Kontakt mit den Behörden in Dubai gewesen, so Außenamts-Pressesprecher Martin Weiss gegenüber der „Presse“. Das nunmehrige Urteil bezeichnete er als „nicht nachvollziehbar.“

Riskante Auslandsreisen

Wie auch immer der letztgültige Richterspruch lauten wird, eine Reise ins Ausland wird für Adelsmayr lebenslang eine riskante Angelegenheit bleiben: Denn im Falle eines Auslieferungsantrags durch Dubai hängt es vom Recht des jeweiligen Staats ab, ob er dem Antrag Folge leisten muss oder nicht. „Es kommt dann auf das Auslieferungsübereinkommen des Landes mit Dubai oder – so es ein solches Übereinkommen nicht gibt – auf die jeweiligen völkerrechtlichen Regeln an“, erläutert Fuchs.

Auf einen Blick

Der österreichische Arzt Eugen Adelsmayr aus Bad Ischl wurde am Sonntag von einem Gericht in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, den Tod eines Patienten verschuldet zu haben, der Staatsanwalt hat die Todesstrafe gefordert. Die Urteilsverkündung fand in Abwesenheit des Angeklagten statt, der bei einer Einreise in das Emirat sofort verhaftet worden wäre. Adelsmayr führt den Prozess auf eine Intrige ehemaliger Kollegen zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2012)

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