Seismologie. Die Anzeichen sind oft nicht eindeutig.
[Wien/hd] Ein Seismologe, der behauptet, er könne Erdbeben zuverlässig vorhersagen, würde in der Kollegenschaft als Hochstapler gelten. Denn auch wenn in den vergangenen Jahrzehnten die Messmethoden genauer, die vermuteten Indikatoren zahlreicher und die Datensätze durch Langzeitstudien aussagekräftiger wurden, so sind sich die meisten Forscher darin einig: Man kann nicht zweifelsfrei vorhersagen, dass es passiert. Allerdings auch nicht, dass es nicht passiert.
Neben der genauen Aufzeichnung und Analyse der seismischen Aktivität über einen längeren Zeitraum gibt es eine Reihe weiterer Indikatoren: So kann man etwa die Konzentration des radioaktiven Gases Radon messen. Dieses kann wegen vermehrter Spannungen in der Erdkruste vor einem Beben verstärkt austreten.
Eine weitere Methode ist das Messen der Bodentemperatur von Satelliten aus. Steigende Temperaturen können auf ein kommendes Erdbeben hindeuten. Weitere dieser „Vorläufer" genannten Signale, wie sie der Erdbebendienst der renommierten Eidgenössisch-technischen Hochschule (ETH) Zürich auflistet, sind eine Änderung des Grundwasserspiegels oder elektro-magnetische Signale.
Jedes Beben ist individuell
Ein großes Problem hierbei sei, dass nicht alle „Vorläufer" immer aufträten. Jedes Erbeben ist sozusagen individuell und hat seinen eigenen Mix an Vorzeichen. Ein Grund dafür sind die jeweils spezifischen geologischen Gegebenheiten. Die Erdkruste ist ein „sehr heterogenes und komplexes System" (ETH Zürich).
In den USA, besonders im gefährdeten Kalifornien, versucht man es mit Tiefenbohrungen, die zumindest punktuell Erkenntnisse darüber liefern sollen, was sich fünf bis fünfzehn Kilometer unter der Erdoberfläche abspielt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2012)