Parlamentsumbau: Siegreicher Architekt nicht mehr erwünscht

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Der mit 300 Millionen Euro bezifferte Umbau des Hohen Hauses sorgt lange vor Baubeginn für schiefe Optik, teure Berater und einen düpierten Sieger des Architektenwettbewerbs, der nun durch die Finger schaut.

Wien. Andreas Heidl sagt vorerst „noch gar nichts“. Der Linzer Architekt will bis Donnerstag Ruhe bewahren. Da hat er ein Treffen mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ). Und da werde er „hoffentlich“ auch erfahren, warum er als Sieger des Architektenwettbewerbs zwar 2008 groß bejubelt und gefeiert wurde, nun aber durch die Finger schaut.

Prammers Pressesprecher Gerhard Marschall meint: „Das Projekt hat sich eben entwickelt, es war ja vor vier Jahren nicht absehbar, dass die Sanierung so umfangreich werden wird.“ Das Siegerprojekt sei mit „einer effizienten Gesamtsanierung nicht vereinbar“, lautet das offizielle Statement der Parlamentsdirektion. Von „Schnittstellenproblemen“ und „Qualitäts- und Kostenrisken“ ist die Rede. Und deshalb sei das Verfahren widerrufen worden.

Memorandum im Jänner

Dass die Sanierung des Hohen Hauses nicht wie ursprünglich gedacht ein paar Millionen, sondern vermutlich mehr als eine Viertelmilliarde verschlingen wird, ist nicht erst seit gestern bekannt. Zu dieser Erkenntnis kamen die Generalkonsulenten Frank & Partner und Werner Consult in ihrem Gutachten bereits 2010. Schon zuvor hatte der Gutachter Matthias Rant seine Expertise dargelegt. An Gutachten mangelt es in dieser Geschichte von der Sanierung des Parlaments nicht.

Am 15. Jänner diesen Jahres war allen Beteiligten längst klar, dass der Umbau des Parlaments ein sogenanntes Megaprojekt werden würde. Trotzdem unterzeichneten die Parlamentsdirektion und Architekt Heidl an diesem Tag ein „Memorandum of Understanding“. Darin kommen sie überein, dass Heidl bei der Gestaltung des Plenarsaals als Subunternehmer fungieren und sich einem Generalplaner unterordnen werde.

Von wegen „gravierende Schnittstellenprobleme“ und „Qualitäts- und Kostenrisken“. Alles nur Scheinargumente? Prammer-Sprecher Marschall weist das zurück und betont, dass sich auch in diesem Jahr „viel getan hat“. Und: „Heidl soll ja entschädigt werden.“ Ein Schiedsgericht soll nun entscheiden, wie dick das Trostpflaster auf Kosten des Steuerzahlers ausfallen soll. Außerdem bleibe es dem Generalplaner unbenommen, Heidls Entwurf wieder aufzugreifen, meint Marschall.

Aber zuerst wird einmal dieser Generalplaner von einer hochrangigen Jury gekürt. Ein paar Jurymitglieder saßen schon 2008 im Zuge des Architektenwettbewerbs zusammen. Etwa die Architektin Maria Schreieck. Sie ist nun Juryvorsitzende. Vor vier Jahren konnte sie sich von allen Juroren am wenigsten für das Heidl-Projekt erwärmen. Ihr Kollege Boris Podrecca nennt die nunmehrige Situation eine „vertrackte Geschichte“.

Er hatte 2008 den Juryvorsitz und ist auch jetzt im Team. „Als Berater von Präsidentin Prammer“, sagt er. Auch wenn ihm die Art und Weise, wie mit dem Siegerprojekt verfahren wird, nicht behagt, befürwortet er den nun eingeschlagenen Weg. „Architektur ist keine Formel wie H2O, sondern ein Prozess, auch ein Lernprozess“, betont Podrecca und ist guter Dinge, dass nun die „beste Lösung“ gefunden wird.

Kein anonymes Verfahren mehr

Die beiden Auswahlverfahren sind nicht zu vergleichen. Denn beim Wettbewerb 2008 handelte es sich um ein anonymes Verfahren. Die Jury wusste bis zum Schluss nicht, welcher Architekt sich hinter den Projekten verbarg.

Nicht nur für Georg Pendl, den Präsidenten der Architektenkammer, stellt dies die fairste aller Auswahlverfahren dar. Er saß 2008 in der Jury. Dass Siegerprojekte einfach abgedreht werden, hat er noch nicht oft erlebt. „Das ist Gott sei Dank nicht üblich“, sagt er. Diesmal wird auf seine Tätigkeit als Juror verzichtet.
Am 10. Dezember nimmt das neue Gremium seine Arbeit auf. Zur Sanierung des Parlaments sei ein „Verhandlungsverfahren mit wettbewerbsähnlichem Charakter“ vorgesehen, heißt es in der Aussendung der Parlamentsdirektion. „Russland ist auch ein Land mit demokratieähnlichem Charakter“, meint Architektenkammer-Präsident Pendl.

Auf einen Blick

2008 gewann der Linzer Architekt Andreas Heidl den Wettbewerb zur Gestaltung des Plenarsaals im Parlament. Nun erfuhr er, dass im Zuge der Generalsanierung des Hohen Hauses für sein Projekt kein Platz mehr ist. Er soll nun eine Entschädigung erhalten. Stararchitekt Boris Podrecca spricht von einer „vertrackten Geschichte“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2012)

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