"Maribor gehört uns": Protest schlägt in Gewalt um

Maribor gehoert Protest schlaegt
Maribor gehoert Protest schlaegt c REUTERS Srdjan Zivulovic Reuters
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Rund 8000 Menschen demonstrierten für den Rücktritt von Bürgermeister Kangler, verbrannten Fotos von ihm und Puppen. Die Polizei setzte Pfefferspray, Tränengas und einen Polizeihubschrauber ein.

In der zweitgrößten slowenischen Stadt Maribor haben am Montag tausende Menschen den Rücktritt vom Bürgermeister Franc Kangler gefordert. Bei dem bisher größten Protest gegen den Bürgermeister, der unter massiver Kritik und Korruptionsvorwürfen steht, haben sich zwischen 5000 bis 8000, nach einigen Schätzungen sogar 10.000 Menschen versammelt. Was als friedliche Demonstration begann, schlug in gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei um.

Die bereits vierte Demonstration gegen den Bürgermeister, die unter dem Motto "Der zweite Marburger Volksafstand" stattfand, war bisher die größte und auch die gewalttätigste. Die Polizei setzte Pfefferspray, Reiterstaffeln und auch einen Polizeihubschrauber ein. Das Fazit: mehr als zehn verletzte Demonstranten, fünf verletzte Polizeibeamte und mehr als 20 Festnahmen. Kangler bleibt unterdessen weiterhin auf seinem Posten.

"Du bist fertig!"

Der Protest auf dem zentralen "Freiheitsplatz" hatte am späten Montagnachmittag friedlich begonnen. Die Demonstranten forderten Kanglers Rücktritt und skandierten: "Du bist fertig!" und "Maribor gehört uns". Sie verbrannten Fotos des Bürgermeisters und Puppen, die ihn repräsentieren sollten. Symbolisch wurden auch Radarkästen aus Karton in den Brand gesetzt. Es war nämlich das neue Radarsystem im Straßenverkehr, der die Unzufriedenheit der Stadtbewohner überlaufen ließ.

Die Situation eskalierte, als sich die Menschenmenge gegen 18 Uhr zum nahegelegenen Magistrat bewegte. Vor dem durch die Polizei abgeriegelten Gemeindegebäude bewarfen einzelne Demonstranten die Polizeibeamten mit Fackeln, Steinen, Pflastersteinen, Stöcken und sogar mit Verkehrsschildern.

Nachdem sich die Menge trotzt Aufforderung der Polizei nicht zurückzog, gingen die Beamten massiv gegen die Demonstranten vor. Dabei wurden Tränengas, Schlagstöcke und auch Reiterstaffeln eingesetzt. Die Auseinandersetzungen zwischen den Polizisten und Demonstranten-Gruppen, die sich auf der Straßen der Marburger Innenstadt verstreuten, gingen noch einige Stunden weiter. Gegen 21.30 Uhr hatte sich die Lage laut Medienberichten beruhigt.

Kritik am Vorgehen der Polizei

Die Polizei wurde wegen des Vorgehens massiv kritisiert. Auch die beim Protest anwesenden Journalisten bezeichneten die Gewaltanwendung als übertrieben. Der Marburger Polizeichef Daniel Lorbek wies die Vorwürfe "entschieden" zurück. Die Beamten hätten erst dann reagiert, als sie von einem Teil der Demonstranten attackiert worden seien, argumentierte Lorbek in den Abendnachrichten von RTV Slovenija. Er bezifferte die Zahl der gewalttätigen Demonstranten auf rund 500.

Auf der Internetplattform YouTube wurden inzwischen Aufnahmen veröffentlicht, die aber das Handeln der Polizei in keinem guten Licht erscheinen lassen. Eines der Videos zeigt, wie Polizisten Pfefferspray gegen ruhige, sitzende Demonstranten einsetzten.

Innenminister kritisiert "illegalen Protest"

Innenminister Vinko Gorenak, der am Montagabend wegen des Ausnahmezustands in Maribor eintraf, bezeichnete den Protest als "illegal". Die Demonstration sei nicht angemeldet und nicht zulässig gewesen, sagte er am Montagabend. Der Innenminister kündigte an, dass man die anonymen Organisatoren des Protests aufspüren und sie zur Rechenschaft ziehen werde. Der Protest wurde von einer Facebook-Bewegung organisiert. Wer hinter der Gruppe "Franc Kangler soll als Marburger Bürgermeister zurücktreten" steht, ist unklar.

Kangler weigert sich unterdessen zurückzutreten. Dazu bestünden dazu keine Gründe, sagte er vor der Demonstration. Er ließ jedoch mitteilen, dass er sich nicht mehr um eine neue Amtszeit bewerben wolle. Die jetzige Amtszeit, die in zwei Jahren ausläuft, wolle er zu Ende führen. Sei Rücktritt würde der Stadt Maribor nämlich "größeren Schaden zufügen, als sich manche vorstellen", so Kangler. Für eine Weile scheint sich der umstrittene Bürgermeister doch zurückzuziehen - am Tag des Protests wollte er seinen geplanten zweiwöchigen Urlaub antreten.

(APA)

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