Maribor: Proteste gegen Bürgermeister eskalierten

(c) Www BilderBox com Erwin Wodicka
  • Drucken

Nach nächtlichen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten werden die Rücktrittsforderungen an Maribors umstrittenen Bürgermeister Franc Kangler lauter. Er steht unter Korruptionsverdacht.

Belgrad/Maribor. Die Ausschreitungen in Maribor (Marburg) sorgen im sonst so ruhigen Slowenien für Aufregung. Er werde die Organisatoren des „illegalen Protests“ gegen den unter Korruptionsverdacht stehenden Bürgermeister Franc Kangler zur Rechenschaft ziehen, sagte Innenminister Vinko Gorenak und kündigte Ermittlungen an. Augenzeugen und slowenische Journalisten werfen hingegen der Polizei ein völlig überzogenes Einschreiten mit dem Einsatz von Pfefferspray und Tränengas vor.

6000 bis 10.000 Demonstranten hatten sich am Montagabend zur bereits vierten Demonstration gegen den umstrittenen Bürgermeister auf dem „Freiheitsplatz“ von Maribor eingefunden. Seit die „Kommission zur Verhütung von Korruption“ Mitte November dem seit Langem im Verdacht der Klientel- und Vetternwirtschaft stehenden Stadtchef offiziell „systematischen Missbrauch von öffentlichen Funktionen“ bescheinigt hat, erhält die Facebook-Gruppe „Franc Kangler soll als Bürgermeister abtreten“ verstärkten Zulauf.

Der 47-Jährige, gegen den mittlerweile auch die Justiz ermittelt, soll bei der Vergabe öffentlicher Aufträge laut seinen Kritikern kräftig abkassiert – und Freunde und Angehörige zu Spitzengehältern auf lukrative Posten kommunaler Unternehmen bugsiert haben.

Mit Trillerpfeifen und Vuvuzelas waren selbst betagte Bürger vor das Rathaus marschiert: „Wir sind Maribor!“, „Du bist fertig!“, skandierten die aufgebrachten Demonstranten. Doch als aus der Menge Steine auf die Polizisten flogen, eskalierte die Situation. Mit Schlagstöcken und Reiterstaffeln gingen die Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten vor. Stundenlang knatterte über dem Zentrum der mit 116.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt des Landes ein Polizeihelikopter. 27 Verhaftungen, 15 verletzte Demonstranten und Polizisten lautete die Bilanz der für die sonst so beschauliche Republik ungewöhnlichen Ausschreitungen.

Facebook-Gruppe gegen Kangler

Er sei bei der Rückkehr von der Arbeit eher zufällig in die Demonstration geraten und verhaftet worden, berichtete am Dienstag ein entrüsteter Familienvater auf der Website der Zeitung „Delo“: „Ich bin ein viel beschäftigter Vater – und ab heute kriminell.“ Und er fügte hinzu: „Was in Maribor geschieht, ist erst der Anfang.“

Mit über 23.000 hat die Zahl der Mitglieder der gegen den Bürgermeister gerichteten Facebook-Gruppe mittlerweile die der Wähler von Kangler überstiegen. Doch der Bürgermeister, einst Parlamentsabgeordneter der Bauernpartei SLS, zeigt sich unbeeindruckt: Er denke nicht an Rücktritt, es gebe keine Gründe dafür.
Mittlerweile hat Kangler aber verlauten lassen, bei den nächsten Kommunalwahlen 2014 nicht mehr antreten zu wollen – und einen zweiwöchigen Urlaub angetreten. Die Oppositionsparteien im Stadtrat fordern derweil vorgezogene Wahlen. Auch die Parteien der bürgerlichen Stadtratsmehrheit scheinen vom umstrittenen Bürgermeister zunehmend abzurücken.

Auf einen Blick

Franc Kangler, Bürgermeister von Maribor, (Marburg), wird vorgeworfen, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Geld erhalten zu haben. Die Facebook-Gruppe „Franc Kangler soll als Bürgermeister abtreten“ hat bereits mehr Mitglieder als Kangler Wähler. Am Montagabend eskalierten Proteste vor dem Bürgermeisteramt der slowenischen Stadt, es gab Zusammenstöße mit der Polizei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Maribor gehoert Protest schlaegt
Außenpolitik

"Maribor gehört uns": Protest schlägt in Gewalt um

Rund 8000 Menschen demonstrierten für den Rücktritt von Bürgermeister Kangler, verbrannten Fotos von ihm und Puppen. Die Polizei setzte Pfefferspray, Tränengas und einen Polizeihubschrauber ein.
Außenpolitik

Maribor: 10.000 Slowenen wollen Rathaus stürmen

Die Bürger der slowenischen Stadt wollen den Rücktritt von Bürgermeister Franc Kangler erzwingen, dem Korruption vorgeworfen wird.
Außenpolitik

Apathie und Aufruhr: Sloweniens politische Elite steht am Pranger

Wutbürger-Proteste. In immer mehr Städten gehen Unzufriedene aus Protest auf die Straße. Gleichzeitig meiden immer mehr die Wahllokale.
Maribor gehoert Protest schlaegt
Außenpolitik

"Maribor gehört uns": Protest schlägt in Gewalt um

Rund 8000 Menschen demonstrierten für den Rücktritt von Bürgermeister Kangler, verbrannten Fotos von ihm und Puppen. Die Polizei setzte Pfefferspray, Tränengas und einen Polizeihubschrauber ein.
Außenpolitik

Maribor: 10.000 Slowenen wollen Rathaus stürmen

Die Bürger der slowenischen Stadt wollen den Rücktritt von Bürgermeister Franc Kangler erzwingen, dem Korruption vorgeworfen wird.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.