Euro-Reform: Barroso nun für Eurozonen-Budget

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Der Kommissionspräsident José Manuel Barroso stellt sich hinter einen Wunsch der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkels und schlägt jetzt finanzielle Anreize für reformwillige Krisenstaaten vor.

Brüssel. Die Spaltung der EU in einen harten Kern der 17 Länder der Eurozone und den weichen Rest der restlichen elf Mitglieder außerhalb beschleunigt sich. Am Mittwoch schlug Kommissionspräsident José Manuel Barroso einen Plan für die Schaffung eines eigenen Budgets für die Eurozone vor.

Alle Euroländer, denen die Kommission volkswirtschaftliche Ungleichgewichte attestiert, müssten sich nach Barrosos Vorschlag vertraglich zu den entsprechenden Reformen verpflichten. Wenn also zum Beispiel in einem Land die Lohnstückkosten zu schnell steigen, ohne dass die Produktivität entsprechend Schritt hält und deswegen ein Anstieg der Arbeitslosigkeit zu erwarten ist, müsste sich seine Regierung gegenüber Brüssel zur Reform seines Arbeitsmarktes und seiner Verfahren zur Lohnfestsetzung verpflichten.

Neues Zuckerbrot, alte Peitsche

Weil diese Reformen Geld kosten, das betroffene Land aber möglicherweise finanziell knapp ist, würde es für diese Reformen finanzielle Anreize von den anderen Euroländern geben. Und zwar ergänzend zu den bereits bestehenden Verpflichtungen der Euroländer, ihre Volkswirtschaften vor allzu großen Gleichgewichtsstörungen zu bewahren – sei es bei der Staatsschuld, bei den Immobilienpreisen, dem Arbeitsmarkt, der Leistungsbilanz und anderen wichtigen Anzeigern volkswirtschaftlicher Gesundheit.

Es soll also neues Zuckerbrot zur bereits vorhandenen Peitsche geben für jene Euroländer, die sich zwar reformieren wollen, denen aber das Geld dazu fehlt. „Das Ziel solcher Unterstützung wäre es, zur rechtzeitigen Annahme und Umsetzung von Reformen zu führen oder zumindest die politische und wirtschaftliche Abschreckung davor zu verringern“, liest sich das in Barrosos 50-seitigem Papier. Als konkretes Beispiel führt er Kurse für Arbeitslose an, die in der Folge der notwendigen Flexibilisierung eines Arbeitsmarktes ihre Stellen verloren haben. Dieses Beispiel legt für jedermann klar offen, welches Land Barroso als ersten Empfänger solcher „finanziellen Anreize“ im Auge hat. Spaniens Regierung wird von ihren europäischen Partnern gebetsmühlenartig für ihre Strukturreformen gelobt, doch auf den Kosten für die rasant gestiegene Zahl der Arbeitslosen bleibt Madrid bisher alleine sitzen.

Barroso erfüllt damit einen großen Wunsch Deutschlands. Die Idee von „Reformpartnerschaften“, auf vertraglicher Basis zwischen kriselnden Euroländern und der Kommission etabliert und mit Geldzuckerln versüßt, fand Eingang in die Beschlüsse des vorletzten EU-Gipfeltreffens Mitte Oktober. „In diesem Zusammenhang wird geprüft, ob die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets nicht mit den EU-Organen individuelle Vereinbarungen vertraglicher Natur über die von ihnen zugesagten Reformen und deren Umsetzung schließen sollten.“

Wieso Kanzlerin Angela Merkel so auf diesen „Reformpartnerschaften“ beharrt, ist leicht erklärt: Sie will damit jene Stimmen aus den kriselnden Mittelmeerländern übertönen, die gemeinsame Staatsanleihen, die berühmt-berüchtigten „Eurobonds“, fordern.

Keine Vertragsänderung nötig

Der Clou an Barrosos Vorschlag ist, dass für die Finanzierung der „Reformzuckerln“ keine Änderung der EU-Verträge nötig wäre – im Gegenteil zu Eurobonds. Sie sollten „im Prinzip als Teil des EU-Budgets“ geschaffen werden und auf normalen EU-Verordnungen fußen.

Das Geld käme dann von speziellen Zahlungen der Euroländer in das EU-Budget, die allerdings gleichsam ein „Mascherl“ hätten. Sie liefen außerhalb des siebenjährigen Finanzrahmens der Union – und „nur mitzahlende Mitgliedstaaten wären in der Lage, diese finanzielle Unterstützung zu genießen“. Deutlicher kann man die Schaffung eines eigenen Budgets für die Eurozone kaum benennen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2012)

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Kommentare

Der Lerneffekt bleibt aus

Die Nicht-Euroländer erweisen sich als großer Bremsklotz für Reformen.

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