Medienberichten zufolge wurde in Syrien mit der Herstellung des tödlichen Nervengases Sarin begonnen. Die USA warnen vor einer Verzweiflungstat.
Die Angst vor einem Chemiewaffen-Einsatz im Bürgerkriegsland Syrien wächst: Nach jüngsten US-Medienberichten könnte das Regime von Bashar al-Assad den Einsatz des tödlichen
Nervengases Sarin vorbereiten.
Das Assad-Regime soll mit der für die Herstellung von Sarin benötigten Mischung von zwei Chemikalien begonnen haben. Das berichteten zunächst wired.com unter Berufung auf US-Regierungskreise. Später wurde der Bericht auch gegenüber der New York Times und CNN bestätigt.
Sarin wird aus einer Mischung eines hochkonzentrierten Alkohols (Isopropanol) und Methylphosphonsäuredifluorid hergestellt. Aus Sicherheitsgründen würden die beiden Komponenten zumeist getrennt aufbewahrt, schreibt thewire.com. Zuletzt sollen sie aber teilweise an einem Ort zusammengelegt worden sein.
US-Geheimdienstberichten zufolge werden seit Mitte der Vorwoche kleine Mengen der Chemikalien gemischt. "Wir sind nicht sicher, was die Absicht dahinter ist", wird ein Regierungsbeamter von wired.com zitiert. "Das ist aber ein weit ernsterer Moment als im Juli." Die syrische Führung hatte damals erklärt, Chemiewaffen im Fall eines Angriffs aus dem Ausland einsetzen zu wollen, nicht aber gegen die eigene Bevölkerung. Es war das erste Mal, dass Damaskus offen den Besitz von Chemiewaffen einräumte.
Obama warnt vor "tragischem Fehler"
Washington zeigte sich am Montagabend (Ortszeit) jedenfalls erneut besorgt über die Möglichkeit einer Verzweiflungstat des Assad-Regimes. "Wenn Sie den tragischen Fehler begehen, diese Waffen einzusetzen, wird dies Konsequenzen haben und Sie werden dafür zur Verantwortung gezogen", erklärte US-Präsident Barack Obama. Die USA dürften jedenfalls bereits eine Militäroperation für den Falle eines Chemiewaffen-Einsatzes vorbereiten: Obama-Sprecher Jay Carney sprach am Montagabend von "Kontingent-Planungen jeglicher Art". Experten im Pentagon haben die Szenarien auch schon durchgespielt: Demnach würde es 75.000 Soldaten brauchen, um die syrischen Chemiewaffen(-Depots) unter US-Kontrolle zu bringen. Das berichtete die "New York Times" Mitte November.
Am Dienstag legte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nach: "Der mögliche Einsatz chemischer Waffen wäre für die gesamte internationale Gemeinschaft völlig inakzeptabel. Und wenn irgendjemand zu diesen chemischen Waffen greift, dann würde ich eine unverzügliche Reaktion der internationalen Gemeinschaft erwarten."
Ein Sprecher des Außenministeriums in Damaskus versicherte jedoch, dass solche Waffen - sofern überhaupt vorhanden - niemals benutzt würden. Nach Angaben eines iranischen Fernsehsenders wurde der Sprecher nach der - offenbar nicht abgesprochene Erklärung - entlassen. Aus Syrien gab es zunächst keine Bestätigung dafür.
Syrien verfügt Experten zufolge über beträchtliche Chemiewaffen-Bestände aus den 1970er Jahren. Mit mehreren hundert Tonnen seien sie die größten im Nahen Osten, unter anderem lagere Syrien Nervengas.
Granate in Schule eingeschlagen
Der Krieg in Syrien soll unterdessen erneut junge Opfer gefordert haben: In einer Schule in einem Vorort der Hauptstadt Damaskus habe am Dienstag eine Mörsergranate eingeschlagen. Das berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Sana. Die Explosion habe einen Lehrer und 28 Schüler in den Tod gerissen. Die Rebellen seien für den Angriff verantwortlich, schreibt das Staatsmedium.
(Red.)