Financial Times Deutschland

Die "Financial Times Deutschland" ist am Freitag zum letzten Mal erschienen. Nach nicht einmal 13 Jahren war Schluss für das rosa Blatt. Es hat sich, wie erwartet, mit Stil verabschiedet.

Es war einfach nicht die richtige Zeit für ein ehrgeiziges Projekt. Anders ist nicht zu erklären, dass die „Financial Times Deutschland“, seit Februar 2000 der kontinentale Ableger des Weltblattes aus London, vom Verlag GrunerJahr eingestellt wurde. Die globale Krise hat der „FTD“ den Rest gegeben. Das Blatt war intelligent gemacht, kritisch, eine wirkliche Talentschmiede des deutschen Journalismus.

Bis zum letzten Arbeitstag bewahrte die Redaktion ihre hohe Qualität. Das eingeschwärzte Titelblatt mit dem Logo „Final Times“ war „Endlich schwarz“. Die Mitarbeiter verbeugten sich mit feiner Ironie. Ihre Abschiedsworte: „Entschuldigung, liebe Gesellschafter, dass wir so viele Millionen verbrannt haben. Entschuldigung, liebe Anzeigenkunden, dass wir so kritisch über eure Unternehmen berichtet haben. Entschuldigung, liebe Pressesprecher, dass wir so oft euren Formulierungsvorschlägen nicht gefolgt sind. Entschuldigung, liebe Politiker, dass wir euch so wenig geglaubt haben.“


An der Leine der PR. In diesen Zeilen liegt nicht die Spur von Gefälligkeit, die manche unterirdischen Gratisblätter gegenüber der angesprochenen Klientel von Politik und Ökonomie vorauseilend erfüllen. Die „FTD“ fiel durch freche Fragen und frische Ideen auf. Worüber klagt die Redaktion in ihrer Schlussnummer (viele junge Gesichter, sie alle werden dort noch einmal abgebildet)? Woran leidet der Journalismus? Problematisch sei, dass Medien immer stärker an die Leine von PR-Abteilungen genommen würden. Public Relations würden in Deutschland immer autoritärer und zerstörten das Vertrauen in Unternehmen und Organisationen, lautet eine Analyse.

Einen einzigen Rentner hat es in der kurzen Geschichte des lachsrosa Blattes aus Hamburg gegeben. Der Finanzexperte Rolf Lebert, ein Urgestein der Frankfurter Börsenszene, ging im Herbst in den Ruhestand. Er wurde nun über die Krise und den Ausblick auf die Zukunft befragt. Seine Prognose: „Jetzt wird's ja richtig ernst. Die Negation der kapitalistischen Produktion wird durch sie selbst, mit der Notwendigkeit eines Naturprozesses, produziert. Es ist Negation der Negation, schrieb der Mann mit dem Bart. Noch Fragen?“ Nun, man könnte jetzt über schöpferische Zerstörung sinnieren, über das Potenzial des Marktes zur Selbstreinigung. Das setzt zyklisches Denken voraus. Irgendwann wird es nicht nur Hard Times geben, sondern wirklich interessante Zeiten, in denen sich Qualität lohnt.

norbert.mayer@diepresse.com 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.12.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

erscheint letzten
Medien

"Endlich schwarz": Die "FTD" erschien zum letzten Mal

Die lachsfarbene Zeitung wird nach fast 13 Jahren am Markt eingestellt. In der letzten Ausgabe versammelte man die besten Recherchen, Porträts und Karikaturen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.