Sollte die Überwachungsmaßnahme auch für Urheberrechts-Verletzungen genutzt werden, widerspreche das dem Regelungszweck. Die derzeitige Entwicklung sei "höchst bedenklich".
Die Justiz leidet konstant an "Fieber", konstatierte der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK), Rupert Wolff, am Montag bei der Präsentation der alljährlichen "Fieberkurve", des Wahrnehmungsberichts 2011/12. Dieser zeigt wieder eine Reihe von Hindernissen im Zugang zum Recht auf - wie zu kurze Gesetzesbegutachtung, hohe Gebühren, Unzulänglichkeiten bei der Akteneinsicht und Folgen von Einsparungen. Sehr skeptisch stehen die Anwälte einer Weitergabe von Vorratsdaten an Unternehmen gegenüber.
Aushöhlung der Grundrechte
Besonders besorgniserregend ist für die Rechtsanwälte die "schleichende Aushöhlung" der Grund- und Freiheitsrechte seit 9/11. Ein weiterer Schritt drohe bei der Vorratsdatenspeicherung, wenn überlegt werde, diese Daten Unternehmen für die Verfolgung von Urheberrechtsdelikten zur Verfügung zu stellen. Die Rechtsanwälte pochen auf "allergrößtes Augenmerk" auf den Rechtsschutz: Wenn man dies erlaube, dann nur bei klarem Verdacht und nicht ohne richterliche Kontrolle.
Interessenverbände diskutieren Urheberrecht
Derzeit gibt es Bestrebungen, Vorratsdaten auch im Fall von Urheberrechtsverletzungen zu nutzen. Eine entsprechende Diskussionsveranstaltung, zu der Mitlieder der ÖRAK eingeladen sind, wird am Dienstag, 11. Dezember, im Justizministerium stattfinden. Beobachter kritisieren, dass zwar Vertreter der Industrie und diverse Interessenverbände anwesend sind, Mitglieder der Zivilgesellschaft aber nicht eingeladen wurden. Es seien ohnehin schon sehr viele Teilnehmer, heißt es aus dem Justizministerium. Die vollständige Einladung inklusive Adressatenliste ist inzwischen durchgesickert und online einsehbar.
Rechtsanwälte: "Höchst bedenklich"
Die Rechtsanwälte stehen der Ausweitung der Überwachungsmaßnahme skeptisch gegenüber. "Dieses Vorhaben ist ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre der Bürger und widerspricht klar dem Regelungszweck der zugrunde liegenden EU-Richtlinie, die zur präventiven Bekämpfung von Terrorismus erlassen wurde", warnt Wolff. "Ich halte dies für höchst bedenklich". Die Rechtsanwälte haben sich bereits bisher massiv gegen einen Ausbau des Überwachungsstaates durch die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen und werden dies auch zukünftig tun. "Ich appelliere an die Politiker in unserem Land, endlich die Stopp-Taste zu drücken", sagt Wolff in einer Aussendung.
Bürger-Videos für Karl
Als Gegenpol zur Veranstaltung im Justizministerium veranstaltet die Piratenpartei Österreichs einen Urheberrechtsdialog mit anschließender Podiumsdiskussion. Alle Interessenten können Justizministerin Beatrix Karl dort eine Videobotschaft hinterlassen, wie sie sich das Urheberrecht der Zukunft vorstellen.
(APA/db)