Ägyptens Verfassung gilt: Nur ein Drittel stimmte ab

Nur rund ein Drittel aller Ägypter stimmte über die neue Verfassung ab.
Nur rund ein Drittel aller Ägypter stimmte über die neue Verfassung ab.(c) AP (Khalil Hamra)
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Präsident Mursi setzte die Verfassung in Kraft. 63,8 Prozent der Referendums-Teilnehmer stimmten für das großteils von Islamisten geschriebene Regelwerk.

Die umstrittene ägyptische Verfassung ist nach offiziellen Angaben mit 63,8 Prozent angenommen worden. Allerdings lag die Beteiligung an dem Referendum bei nur 32,9 Prozent, wie die Wahlkommission am Dienstagabend in Kairo bekanntgab. Die Opposition kündigte an, ihren Kampf gegen die von den Islamisten durchgeboxte Verfassung fortzusetzen.

Mit einer derart niedrigen Wahlbeteiligung hatten die Muslimbrüder, aus deren Reihen auch Präsident Mohamed Mursi kommt, nicht gerechnet. Anfang des Monats hatte ein führendes Mitglied noch verkündet, jede Beteiligung unter 70 Prozent wäre "nicht gut".

Ägyptens Präsident Mohammed Mursi hat die neue islamistisch geprägte Verfassung des Landes mittlerweile in Kraft gesetzt. Mursi zufolge schafft die neue Verfassung die Voraussetzung zur Beendigung des politischen Aufruhrs im Land und erlaubt ihm, sich auf die Sanierung der angeschlagenen Wirtschaft zu konzentrieren. Mursi unterzeichnete das Verfassungsgesetz am späten Dienstagabend nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Volksabstimmung.

"Verfassung ist für alle da"

Regierungschef Hisham Kandil erklärte nach dem Referendum, es gebe weder Sieger noch Verlierer, "die Verfassung ist für uns alle da". Gleichzeitig rief er alle politischen Kräfte zum Dialog auf, um nun gemeinsam an einer Gesundung der angeschlagenen Wirtschaft zu arbeiten.

Das größte Oppositionsbündnis meldete zahlreiche Regelverstöße und Fälle von Betrug während der beiden Abstimmungsrunden am 15. und 22. Dezember. Das Ergebnis soll angefochten werden. Gleichzeitig aber bezeichnete die Opposition den Streit um die Verfassung als nur eine "Schlacht" im Kampf für mehr Demokratie in Ägypten. Bereits im Februar stehen Parlamentswahlen bevor - das letzte Unterhaus war im Juni vom Verfassungsgericht aufgelöst worden.

Bürgerrechte nicht ausreichend garantiert

Die Verfassung ist zwischen den regierenden Islamisten und laizistischen Kräften äußerst umstritten. Die Opposition bemängelt, dass die vagen Formulierungen die Bürgerrechte nicht ausreichend garantierten und einer weiteren Islamisierung den Weg bereiteten. Der im Schnellverfahren von der von Muslimbrüdern und Salafisten dominierten Verfassungsgebenden Versammlung abgesegnete Text soll die alte Verfassung aus der Ära Hosni Mubaraks ersetzen. Er bezeichnet unter anderem die "Prinzipien der Scharia" als die "wichtigste Quelle der Gesetzgebung". Der Streit über den Text hatte für teils gewalttätige Ausschreitungen gesorgt.

Angesichts der niedrigen Beteiligung an dem Referendum forderten die USA Präsident Mursi auf, die Differenzen in seinem Land zu überbrücken. "Die Zukunft der ägyptischen Demokratie hängt von einem breiteren Konsens über die neuen demokratischen Regeln und Institutionen ab", erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Patrick Ventrell, in Washington. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte, Mursi müsse das Vertrauen in die Demokratie wiederherstellen. Sie rief alle Seiten auf, sich an dem Dialog zu beteiligen.

Kommunikationminister tritt zurück

Unterdessen trat mit Kommunikationsminister Hani Mahmoud ein weiteres Kabinettsmitglied zurück. Er habe bereits vor über einem Monat sein Amt niederlegen wollen, weil er sich nicht an die "Kultur der Regierungsarbeit" habe gewöhnen können, teilte Mahmoud über den Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Zu dem Zeitpunkt hatte sich Präsident Mursi umfassende Sondervollmachten gegeben. Nach tagelangen Massenprotesten nahm Mursi das Dekret zwar wieder zurück, doch die von ihm ausgelöste Krise spaltet bis heute das Land.

Am Samstag hatte Vizepräsident Mahmoud Mekki, ein angesehener Richter, sein Amt niedergelegt. Widersprüchliche Angaben gab es zudem über einen Rücktritt von Zentralbankgouverneur Farouk el Okda.

Angesichts der anhaltenden "politischen und sozialen" Spannungen hatte die Ratingagentur Standard & Poor's am Montag die Kreditwürdigkeit Ägyptens um eine Stufe von "B" auf "B-" gesenkt. Auch den Ausblick bewertet Standard & Poor's negativ.

(APA/dpa/Reuters/AFP)

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