Burger mit Dijonsenf und Beete: Künstler in der Upgrade-Küche

(c) AP (Matthew Mead)
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Die Innsbruckerin Barbara Hölbling und der Oststeirer Mario Höber tauschen im Wiener Brut demnächst ungeliebte Gutscheingeschenke, die man zu Weihnachten bekommen hat, in ein kreatives Upgrade für Fastfood um.

Ist Kochen Kunst? So mancher würde die Frage wohl mit Ja beantworten. Barbara Hölbling und Mario Höber sind sich da nicht so sicher, zumindest was ihr Projekt betrifft. Und streng genommen ist das, was sie demnächst im Wiener Brut anbieten, auch kein Kochen – die Auflagen verbieten es.

Upgrade/Downgrade-Küche nennt sich ihr Angebot, und vermutlich ist es irgendwo in einer Zwischenwelt angesiedelt: auf der einen Seite die derzeit in alle Richtungen sprießenden Varianten von Essen/Kochen/Sich-bekochen-Lassen. Auf der anderen Seite die spielerische Auseinandersetzung mit dem Thema. Die (im September bereits einmal getestete) Idee: Gäste bringen Speisen mit oder können bei ausgewählten Anbietern („Schnitzelmeister“) bestellen, ein eigener Dienst wandert zudem jede halbe Stunde mit Bestellungen zur nahen McDonald's-Filiale.

All das kann man ab 17. Jänner für drei Euro in der Upgrade/Downgrade-Küche von Hölbling und Höber weiterbearbeiten lassen. So wird dann ein gemeiner Cheeseburger mit Dijonsenf und roter Beete, Chili oder Macadamianüssen aufgepeppt, wird gegen künstliche Geschmacksverstärker angekämpft. Ein paar „Geheimrezepte“, sagt Barbara Hölbling, hätten sie da schon in der Tasche.

Entstanden sei die Sache aus dem Privatrestaurant, das die Innsbruckerin und der Oststeirer schon vor sieben Jahren in ihrem Wiener Wohnatelier eingerichtet haben. Überhaupt sei ihnen Essen wichtig. „Wir kochen jeden Tag“, sagt Mario Höber. „Und wir haben auch mit sehr vielen Menschen zu tun. Es gibt kaum eine Besprechung, bei der nicht Essen zubereitet wird.“

Gewürzt wird das Ganze mit einem kräftigen Schuss Tauschhandel, der derzeit ebenso en vogue zu sein scheint wie die Rote Beete. Dementsprechend kann man bereits jetzt ungeliebte Gutscheine, die man zu Weihnachten bekommen hat, in Gutscheine für ihre Küche umtauschen. Und: Auf der Brut-Bühne im Konzerthaus eingeladen sind auch andere Künstler, die Kunstwerke oder Dienstleistungen (bis zum Bügelservice) auf den Markt werfen. Was mit den Menschen in diesem neuen sozialen Gefüge entsteht, sei dann die eigentliche Überraschung.

Dass auch mit Gewürz-„Infusionen“ gearbeitet wird, ist dabei kein Zufall. Für Hölbling und Höber, die beide in Graz Bühnenbild studiert haben, ist das Kochprojekt eine Art Ausgleich zu Themen wie Tod und Behinderung, mit denen sie sich sonst befassen. So haben sie etwa einen Buben mit einer schweren Genmutation ein ganzes Jahr begleitet. „Wir versuchen“, sagt Mario Höber, „neue Zugänge zu schaffen und dort hinzuschauen, wo es schwierig ist.“

Die Ursache für den Kochboom ortet er in dieser Zufluchtsfunktion. „In der Gesellschaft herrscht wohl der große Wunsch, der Komplexität des Lebens zu entfliehen mit einer leichten Beschäftigung, bei der jeder selbst mitmachen kann.“ Man dürfe das Kochen nicht überinterpretieren – es sei wohl eher ein Symptom für andere Dinge.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2013)

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