Lob und Tadel für deutsch-französisches EU-Tandem

50 Jahre deutsch-französisches Zusammenrücken, da kann man schon einmal anstoßen.
50 Jahre deutsch-französisches Zusammenrücken, da kann man schon einmal anstoßen.(c) EPA (BUNDESPRESSEAMT JESCO DENZEL)
  • Drucken

Jean-Claude Juncker würdigt das "Paar" als "Triebkraft, auf die Europa nicht verzichten kann." SPD-Kanzlerkandidat sieht eine Arroganz Deutschlands.

Nach seinem Abschied als Eurogruppenchef hat Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker die Bedeutung der deutsch-französischen Partnerschaft für die europäische Integration gewürdigt. "Das deutsch-französische Paar ist eine Triebkraft, auf die Europa nicht verzichten kann", sagte Juncker am Montagabend bei einer Pressekonferenz in Brüssel, nachdem er von dem niederländischen Finanzminister Jeroen Dijsselbloem als Vorsitzender der Eurogruppe abgelöst worden war. Damit würdigte Juncker den 50. Jahrestag des Elysée-Vertrags zwischen Deutschland und Frankreich.

"Ich bin oft über die Festigkeit dieses Paares überrascht, die von externen Beobachtern in Frage gestellt wird", sagte Juncker. Nach seinem Eindruck gebe es einen "unerschütterlichen Willen" beider Länder, "Europa zu dienen". "Dass oft gesagt wird, das deutsch-französische Paar sei in der Krise, macht deutlich, dass diejenigen, die das sagen, nicht wissen, was ein Paar ist", urteilte der Luxemburger.

Juncker selbst sieht sich sowohl vom Deutschen als auch vom Französischen stark beeinflusst: "Wenn ich Französisch reden will, denke ich auf Deutsch, wenn ich Deutsch sprechen will, denke ich auf Französisch, und letztlich bin ich in allen Sprachen nicht zu verstehen", sagte der Luxemburger, der für seinen Humor bekannt ist.

"Parteipolitische Vorbehalte"

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier hat zum Élysée-Vertrags-Jahrestag die Haltung der deutschen Bundesregierung gegenüber Frankreich kritisiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre schwarz-gelbe Regierung pflegten "parteipolitische Vorbehalte" und verhielten sich arrogant gegenüber Paris, sagte Steinmeier der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag).

Einzelne Vertreter von Union und FDP gingen mit der sozialistischen Regierung von Präsident François Hollande um, "als handle es sich nicht um einen Nachbarn, sondern um einen innenpolitischen Gegner". Es habe "schon bessere Zeiten in den deutsch-französischen Beziehungen" gegeben. "Der deutsch-französische Motor stottert vernehmbar."

"Als es Deutschland vor zehn, zwölf Jahren schlecht ging, hat Frankreich nicht auf uns herabgeschaut." Nun habe Frankreich größere wirtschaftliche Schwierigkeiten als Deutschland. "Und jetzt schauen viele in den Regierungsparteien mit größter Arroganz auf die andere Seite des Rheins", kritisierte Steinmeier.

Auftakt zu Feierlichkeiten

Mit dem Elysee-Vertrag hatten der damalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und Frankreichs seinerzeitiger Präsident Charles de Gaulle am 22. Jänner 1963 eine historische Annäherung beider Länder eingeleitet. Das 50-jährige Jubiläum wird mit einer Reihe von Veranstaltungen gefeiert.

Bereits am Montag empfing die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Frankreichs Staatschef François Hollande in Berlin. Nach einer Diskussion mit rund 200 jungen Menschen aus beiden Ländern aßen Merkel und Hollande gemeinsam zu Abend. Bei dem zweistündigen Dinner dürfte es um Frankreichs Militäreinsatz in Mali sowie um die Herausforderungen in der EU gegangen sein. Am Dienstag wollen die Parlamente und Regierungen der beiden Nachbarländer in gemeinsamen Erklärungen eine weitere enge Zusammenarbeit vereinbaren.

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Europa

Élysée-Vertrag: Goldene Hochzeit des ungleichen Paars

Berlin und Paris feiern das Jubiläum des Endes ihrer Erbfeindschaft - und stellen sich bange Fragen nach der Zukunft ihrer Liaison. Um die Beziehung von Merkel und Hollande ist es aktuell weniger gut bestellt.
Kommentare

Frankreichs Großzügigkeit

Die EU wäre nie erfolgreich gewesen, hätte die Siegermacht Frankreich dem Verlierer Deutschland nicht die Hand gereicht. Das relativiert Bestrebungen nach einer EU à la France.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.