Nachruf

Er zerstörte die Gitarre nicht gern: Jeff Beck ist gestorben

In der Londoner Bluesszene der frühen Sechzigerjahre: Jeff Beck im Anzug, an der Gitarre
In der Londoner Bluesszene der frühen Sechzigerjahre: Jeff Beck im Anzug, an der Gitarre(c) Imago
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Seine Fender Stratocaster glühte in allen Genres: Jeff Beck, einer der großen Gitarrenmeister der Popmusik, ist 78-jährig an einer Gehirnhautentzündung gestorben.

Swinging London, 1966. Jeff Beck war damals schon für sein großes Ego bekannt. Er trat als erbarmungsloser Kritiker seiner Mitmusiker auf, nützte all seine Möglichkeiten bei den weiblichen Groupies, aber eines war ihm heilig: das Instrument, auf dem er seine damals recht hart klingenden Soli spielte. Und dann kam dieser Italiener namens Michelangelo Antonioni und verlangte von ihm, dass er in einer Szene seines Films „Blow Up“ seine Axt an einem Verstärker zerschellen lassen sollte . . .

Der damals 22-jährige Jeff Beck, der seine Gitarre liebte, begann eher zaghaft mit dem Zerstörungswerk. Vor den Augen des schick gekleideten Publikums ließ er zunächst zweimal den Gitarrenhals an den Verstärker krachen. Nach einigem Zögern erfüllte er dann doch noch den Auftrag. Er trat den Korpus und warf ihn letztlich ins Publikum. Dazu spielte Jimmy Page, der damalige Bassist, einen herrlichen Lauf.

Beck stieg bald danach bei den Yardbirds aus, der Bluesband, die erst Eric Clapton, dann Jeff Beck und zu guter Letzt Jimmy Page zu Stars machte. Das Gitarrenhandwerk galt damals viel in London: Jemand kritzelte gar „Clapton is God“ an eine Wand in der U-Bahnstation Islington. Das mochten die Kollegen nicht so sehr. Und Clapton wollte ohnehin eigentlich nur Blues spielen. Mit Beck gelangen den Yardbirds dann Pop-erfolge wie „Heart Full Of Soul“ und „Shapes Of Things“. Doch das war nicht wirklich befriedigend für einen rastlosen Sucher wie Beck. Er gab den Posten an der Leadgitarre an Jimmy Page ab und versuchte sich zunächst mit „Hi Ho Silver Lining“ als Sänger, war aber dafür zu zaghaft.

Er spielte auch für Tina Turner

In der Jeff Beck Group sang ein blonder Beau namens Rod Stewart. Musikalisch ging es scharf in Richtung progressiver Rockmusik. Nicht ohne Show: „Anglophalliac“ wurde Beck 1968 von der US-Presse genannt, offenbar weil er die Gitarre recht phallisch präsentierte. Jedenfalls war er einer der ersten E-Gitarristen, die mit Verzerrer-Effekten experimentierten. Auf seiner Fender Stratocaster verfügte er, wenn er wollte, über einen angenehm melodiegesättigten Ton, der sowohl in brachialem wie in fein ziseliertem Umfeld größte Wirkung zeitigte.

Anfang der Siebziger gründete er Beck, Bogert & Appice, die mit ihrer Adaption von Stevie Wonders „Superstition“ einen Überraschungshit hatten. Beck arbeitete immer wieder auch als Sessiongitarrist, etwa auf Stevie Wonders legendärem Album „Talking Book“ oder Tina Turners Hitalbum „Private Dancer“. Die Popularität eines Eric Clapton oder Jimmy Page erreichte er nie, blieb aber eine konstante Kraft der Szene. 1975 war er als Nachfolger von Mick Taylor als neuer Gitarrist der Stones im Gespräch. Das wurde dann doch Ron Wood, einst Mitglied der Jeff Beck Group. Beck wandte sich stattdessen Mitte der Siebzigerjahre dem Fusionjazz zu. Mit „Wired“ glückte ihm ein geniales Werk, mit einer glühende Version von „Goodbye Pork Pie Hat“ von Charles Mingus.

Sein variantenreiches, fast immer ohne Plektrum praktizierte Spiel war ähnlich wetterfest wie seine Frisur. Ob er sich diese wie einen Hut aufsetzte, wurde nie ganz geklärt. 2010 spielte er zuletzt in der Wiener Staatsoper, verwöhnte mit einem bunten Potpourri aus Soul, Blues, Funk, Jazz und sogar Oper. Seine Version von „Nessun Dorma“ war von katzenhafter Zartheit. Ruppiger klang er auf seinem letzten Album „18“, das er 2022 mit Johnny Depp einspielte. Der zeigt sich jetzt nach dem überraschenden Tod seines Freundes „totally devastated“. Jeff Beck ist im Alter von 78 Jahren an bakterieller Meningitis gestorben.

(APA/dpa)

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