New Orleans: Wo die Musi spielt am Mississippi

(c) AP (JUDI BOTTONI)
  • Drucken

In der Hauptstadt des Jazz kommt in diesem Monat alles zusammen: Vom Superbowl bis zum legendären Karneval Mardi Gras ist Feiern ohne Ende angesagt.

Es ist nicht so, dass in anderen Jahren der Februar in New Orleans eine beschauliche Zeit wäre. Aber heuer übertrifft sich die für ihre Feier- und Lebensfreude bekannte Stadt am Mississippi selbst: Für das Spektakel rund um den Superbowl an diesem Wochenende müssen sogar die schon angelaufenen Karnevalsparaden ein paar Tage Pause machen, ehe sie am Mardi Gras, dem „fetten Faschingsdienstag“ am 12.Februar, ihren traditionellen Höhepunkt erreichen.

Wer dann in der Stadt ist, muss ausgelassene Menschenmengen in engen Gassen mindestens ebenso lieben wie die umwerfenden, fantasievollen Kostüme und Masken und die bunt glitzernden „Beads“ – lila, grün und gold glitzernde Perlenketten, die von den Wagen geworfen werden und zu späterer Stunde mehr oder weniger junge Frauen in eher weniger Bekleidung schmücken.

Ausgelassenheit und Lebensfreude enden in der Geburtsstadt des Jazz in Louisiana aber nicht mit dem Abzug der Footballfans oder dem Anbruch des Aschermittwochs – in den pittoresken Gassen des French Quarter ist diese besondere Stimmung das ganze Jahr über zu spüren. Unter den schmiedeeisernen, blumengeschmückten Balkonen der putzigen Häuser aus der spanischen und französischen Kolonialzeit ist an jeder zweiten Ecke Livemusik zu hören, unzählige Kapellen sind in der Stadt unterwegs, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen – und den Applaus der Umstehenden, die sich Zeit nehmen, zuzuhören.

Trinken ohne Papiersackerln

Auf dem Jackson Square tummeln sich die Zeichner, Handleser, Wahrsager und lebenden Statuen, sitzen die Musiker auf eine Zigarette zusammen und mögen es gar nicht, wenn sie ungefragt fotografiert werden. Pferdekutschen befördern Menschen aus aller Herren Länder durch die Kopfsteinpflastergassen, und auf der Bourbon Street ziehen nachts die Touristen von einer Musikbar in die nächste – glücklich über eine Besonderheit der Stadt: Hier ist es erlaubt, in aller Öffentlichkeit dem Alkohol zuzusprechen, eine große Ausnahme im Land der verhüllenden Papiersackerln, die weidlich ausgenutzt wird.

Allerdings hat sich die einst legendäre Bourbon Street mittlerweile zu einem Ballermann für USA-Reisende entwickelt. „Da geht kein Einheimischer mehr hin“, sagt Andrea, die in Prima Donna's Closet auf der Royal Street neben ausgefallener Secondhandmode auch gern ein Glas Wein, gute Ratschläge zur Präsentation des weiblichen Körpers und Interessantes über ihre Stadt weitergibt. „Wenn du wirklich etwas vom Nachtleben in New Orleans mitbekommen willst, musst du auf die Frenchmen Street gehen, gleich am östlichen Ende des Quarters.“ Oder an einer nächtlichen Führung durch das „Haunted“ New Orleans teilnehmen, auf die Friedhöfe, zu den angeblich seit Jahrhunderten von Geistern bewohnten Häusern, den Voodooschauplätzen und in die zahllosen Geschäfte, in denen okkulte Devotionalien vom Kristallschädel bis zur Nadelpuppe feilgeboten werden.

Neue Architektur

Ein Kult, der hier nicht nur in der kreolischen Kultur seine Wurzeln hat, sondern auch durch das Gefühl der New Orleanians, keine Stadt sei so häufig von Katastrophen heimgesucht worden wie die ihre, immer wieder beflügelt wird. Ob Gelbfieberepidemien oder Hurrikans, seit ihrer Gründung durch die Franzosen 1718 ist Nola, wie die Stadt von ihren Bewohnern als Abkürzung für New Orleans, Louisiana genannt wird, immer wieder mit Desastern aller Art konfrontiert gewesen. Wie zuletzt 2005, als Katrina fast die ganze Stadt im Wasser versinken ließ.

Zu spüren ist davon heute für den Touristen kaum noch etwas, vom Katrina-Museum am Jackson Square und den angebotenen Führungen in das damals besonders betroffene Gebiet, den Lower Ninth Ward, einmal abgesehen.

Hier lassen sich Vorzeigeprojekte namhaftester Architekturbüros aus der ganzen Welt bestaunen, die fraglos inspirierte Bauten sind, und mit prominenten Unterstützern wie Brad Pitt auch für viel internationales Auf- und Ansehen gesorgt haben. Die Menschen, die auch vor Katrina schon hier gelebt haben, stehen den Neubauten allerdings mit gemischten Gefühlen gegenüber. Sie kämpfen eher mit existenzielleren Problemen in einer Gegend, in der bis heute kaum ein Lebensmittelgeschäft wiedereröffnet hat. Im French Quarter ist all das unsichtbar, hier wird wie eh und je auf der Rue Royale von Galerie zu Galerie geschlendert, locken die Secondhandshops und Juweliere, und auf der Canal Street die großen Nobelkaufhäuser wie Saks Fifth Avenue und Neiman Marcus.

Gumbo und Po' Boys

Das berühmte Café du Monde serviert seine noch berühmteren Beignets – eine Art Krapfen – und Kaffee und sonst nichts; die Lokale rundherum mehr oder weniger kreolische und Cajun-Küche mit Gumbo oder Jambalaya und den Po'Boys, den typischen Sandwiches von Louisiana – ein belegtes Zeichen dafür, dass sich in der Südstaatenküche wirklich alles frittieren lässt.

Über allem schwebt immer von irgendwoher Musik, es gibt keinen stillen Moment in dieser bewegten Stadt, die trotzdem so entspannt ist. Und die sich ihren Katastrophen mit ihrem ganz eigenen Humor stellt, wie der Aufkleber auf einem bescheidenen Kleinwagen im noblen Garden District zeigt: „New Orleans – proud to swim home“ steht da. Auch ein Weg, dem nächsten Desaster die Stirn zu bieten.

In der Wiege des Jazz

Wohnen
Hotel Royal, klassisches altes Townhouse mitten im French Quarter, cool renoviert und designt. www.frenchquarterhotelgroup.com/hotel-royal.html

Essen
SoBou (South of Bourbon), Chartres Street 30 (im W-Hotel), im Sommer 2012 eröffneter Ableger des Klassikers Commander's Palace, moderne kreolische Küche, Restaurant und Bar, tolles Interieur. www.SoBouNola.com

Shopping
Prima Donna's Closet, 927 Royal Street, Designer- und Vintage-Secondhandmode.
primadonnascloset.com

Musik
The spotted cat,
Frenchmenstreet 623.
www.spottedcatmusicclub.com

Hinter nahezu jeder Clubtür gibt es Livemusik, das ausführliche Programm findet man unter www.satchmo.com.

USA pauschal
Mietwagenrundreisen u.a. bei Ruefa und bei den USA-Spezialisten und Baustein-Reiseveranstaltern Dertour und Meiers Weltreisen.www.ruefa.at;
www.dertour.at; www.meiers-weltreisen.de

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.