EU: Die Ausweitung der Finanzsteuerzone

(c) REUTERS (LUCAS JACKSON)
  • Drucken

Die Europäische Union will die Finanztransaktionssteuer ausweiten – Staatsanleihen bleiben aber weiter verschont. Die wichtigste Frage bleibt offen: Wer bekommt das Geld – Union oder Staaten?

Wien/jil. Die geplante europäische Finanztransaktionssteuer wird wohl breiter ausfallen als ursprünglich geplant. Es wollen zwar weiterhin nur elf von 27 EU-Staaten die Steuer einführen (darunter Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien). Die EU-Kommission plant aber laut einem Bericht des „Handelsblatt“ die Besteuerung von mehr Finanzprodukten als bisher vorgesehen. Begründung: Die Vorkehrungen „gegen Steuervermeidung“ müssten „verstärkt“ werden, so die EU-Kommission in einem aktuellen Gesetzesentwurf, der dem „Handelsblatt“ vorliegt.

„Emissionsprinzip“

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta will den endgültigen Entwurf Mitte Februar vorlegen. Ursprünglich hat die EU geplant, die Finanztransaktionssteuer in allen 27 Mitgliedstaaten einzuführen – ist damit aber am Widerstand Großbritanniens und Schwedens gescheitert. Nachdem der gesamteuropäische Plan nicht umgesetzt werden konnte, verabschiedeten sich dann noch 14 weitere Staaten von der umstrittenen Idee einer Finanztransaktionssteuer. Die Staaten fürchten eine Flucht von Banken und Anlegern in Weltgegenden ohne Finanzsteuer. Der erweiterte EU-Vorschlag soll dem in den verbleibenden elf Ländern entgegenwirken. Der Schuss könnte aber freilich auch nach hinten losgehen. Eine stärkere Besteuerung könnte auch zu einer deutlicheren Flucht führen. Die EU will dies mit dem sogenannten „Emissionsprinzip“ verhindern.

Demzufolge sollen alle Finanzgeschäfte mit Papieren besteuert werden, die in den elf Teilnehmerländern ausgegeben worden sind. Auch dann, wenn diese Geschäfte etwa über London abgewickelt wurden. Für die Besteuerung reicht laut EU-Kommission, wenn Finanztitel „einen klaren Bezug“ zu einem der elf Staaten hätten. Und zwar „auch, wenn keine an dem Geschäft beteiligten Parteien in einem Teilnehmerstaat angesiedelt ist“.

Der Steuersatz bleibt im neuen Entwurf unverändert: Der Umsatz mit Aktien und Anleihen soll mit 0,1 Prozent besteuert werden, jener mit Derivaten mit 0,01 Prozent. Völlig ausgenommen von der Besteuerung soll der Handel mit Staatsanleihen sein – immerhin einer der größten und wichtigsten Märkte überhaupt. Mitten in einer Schuldenkrise den Erwerb von Staatstiteln unattraktiv zu machen wäre der EU-Kommission aber offenbar zu heikel. Auch muss beim Erwerb von Staatsanleihen von Euroländern kein Eigenkapital hinterlegt werden.

Weiters ausgenommen von der Finanzsteuer bleiben Finanzströme zwischen Geschäfts- und Zentralbanken. Die neue Steuer dürfe „die Refinanzierungsmöglichkeiten von Finanzinstituten und Staaten nicht beeinträchtigen“, heißt es laut „Handelsblatt“ im Kommissionsentwurf. Weiters sollen auch die Finanzgeschäfte von Verbrauchern und Sparern ausgenommen werden: „Versicherungsverträge, Hypotheken, Verbraucherkredite und Kreditkartenzahlungen“. Dass Banken Mehrkosten durch die Steuer trotzdem an die Kunden weitergeben, kann die EU freilich nicht verhindern.

Wer bekommt das Geld?

Völlig ungeklärt bleibt indes der wichtigste Punkt: Wer soll Geld bekommen? Brüssel will aus der Finanzsteuer die erste EU-Steuer überhaupt machen und seinen Etat auffetten. Die klammen Nationalstaaten wollen davon aber nichts wissen. Bei manchen (Deutschland und Österreich) sind die theoretischen Einnahmen aus der bisher nonexistenten Steuer gar schon verplant.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

European Central Bank Governing Council member Nowotny of Austria talks during the presentation of the EBRD transition report 2012
Home

Finanzsteuer für OeNB-Chef Nowotny "den Versuch wert"

Mit der neuen Steuer könne man aber Krisen nicht verhindern, aber Spekulationen teurer machen. Das normale Bankgeschäft sei kaum betroffen.
will Finanzsteuer global eintreiben
International

EU will Finanzsteuer global eintreiben

Brüssel will auch Geschäfte außerhalb der EU besteuern – wie das gehen soll, ist unklar, es soll aber mehr Geld in marode Staatskassen spülen.
Mein Geld

Finanzsteuer: „Ein riesiges Experiment“

Vieles ist noch ungewiss – vom Zeitplan bis zu den zu erwartenden Auswirkungen.
German Finance Minister Wolfgang Schaeuble attends a cabinet meeting at the Chancellery in Berlin
International

Schäuble zweifelt an Finanzsteuer für 2014 - Österreich nicht

Es gebe momentan keine ausreichende rechtliche Basis, um die Steuer im Haushalt 2014 zu berücksichtigen. In Wien zeigt man sich unbeeindruckt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.