Links oder rechts: Wer ist gewalttätiger?

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Nach den Ausschreitungen rund um den von der FPÖ veranstalteten Akademikerball am Freitag läuft die Debatte, von welcher Seite mehr Gewalt ausgeht. Die FPÖ will unter anderem die Polizeiführung anzeigen.

Wien. Von welcher Seite hat der Staat mehr zu befürchten? Nach den Ausschreitungen rund um den von der FPÖ veranstalteten Akademikerball am Freitag ist eine Debatte entbrannt, ob nun mehr Gewalt von linker oder von rechter Seite ausgeht.

Zumindest nach dem aktuellen Verfassungsschutzbericht gibt es jedenfalls mehr rechtsextreme Straftaten. So wurden 2011 (aktuellere Daten liegen nicht vor) 963 Anzeigen mit rechtsextremem Hintergrund verzeichnet, von linksextremer Seite waren es 138. Allerdings muss man differenzieren – 436 der Anzeigen auf rechtsextremer Seite betrafen das Verbotsgesetz und 49 die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts, also Tatbestände, die es auf linksextremer Seite nicht gibt.

Schlüsselt man vergleichbare strafrechtliche Delikte auf, kommt man 2011 auf 41 Anzeigen wegen Körperverletzung von rechter, vier von linker Seite, bei Sachbeschädigung gab es 225 Anzeigen bei Rechtsextremen gegenüber 97 von linksextremer Seite. Insgesamt gab es auf beiden Seiten einen Rückgang der Anzeigen: 2010 gingen noch 1040 Meldungen wegen rechtsextremistischer Straftaten bei der Polizei ein – 2011 waren es 963 –, von linksextremer Seite sank die Zahl von 340 im Jahr 2010 auf 138. Klar ist aber auch, dass der Verfassungsschutzbericht nur die Zahl der Anzeigen ausweist, nicht jedoch jene der gerichtlichen Verurteilungen.

Anzeigenreigen der FPÖ

Ungeachtet dessen will die FPÖ als Veranstalterin des Akademikerballs mehrere Anzeigen einbringen. Die erste davon soll gegen Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl gerichtet sein – der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer wirft ihm vor, dass die Polizeiführung „billigend in Kauf genommen“ habe, dass Demonstranten Ballbesucher bedrohen und attackieren konnten. Mölzer selbst ist von einem Farbbeutel getroffen worden. Pürstl sprach von einem „vorbildlichen Einsatz“ – bei einem Ereignis dieser Größe mit 3000 Demonstranten könne man bei vier leicht verletzten Personen jedenfalls von keinem „Versagen der Wiener Polizeiführung“, wie die FPÖ es nannte, sprechen. Dass einige Ballbesucher zu Fuß durch die Demonstrantenmenge gingen, sei laut Pürstl vergleichbar damit, mit einem Austria-Schal im Rapid-Sektor zu sitzen.

Ebenfalls anzeigen will Mölzer die stellvertretende ÖH-Vorsitzende Janine Wulz – sie habe er in der Menge erkannt. Und schließlich soll es auch eine Anzeige wegen Untreue gegen die Salzburger ÖH geben – sie hat Personen, die zur Demo wollten, Zugtickets angeboten. Laut ÖH haben fünf Personen dieses Angebot genützt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2013)

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