Die Ich-Pleite

Mit dem Krimi zur Criminale

Carolina Frank 
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Bei der Gala treffe ich lauter Menschen, die meinen Krimi großartig finden. Ich weiß, dass sie ihn nicht gelesen haben. Ich finde ihre ja auch großartig.

Ich bin zu einer Gala eingeladen. Nach Darmstadt. Ich würde mich nie über einen Namen lustig machen. Darmstadt ist sicher voller hübscher Fachwerkhäuschen. Ich freue mich darauf! Außerdem ist es der diesjährige Schauplatz der Criminale, wo der Glauser-Preis vergeben wird.

Mein Buch ist in der Kategorie „Debüt“ nominiert. Debüt klingt sehr jung, finde ich. Vier andere sind auch nominiert. Ihre Bücher sind viel besser, das weiß ich, ohne sie gelesen zu haben. Das einzige Problem ist: Ich habe nichts anzuziehen! Aber sollte ich den Preis doch gewinnen, bekäme ich 2000 Euro Preisgeld. So gesehen wären 500 Euro für ein schickes Outfit gar nicht so viel. Darmstadt ist nur 45Minuten vom Flughafen Frankfurt entfernt. Umgerechnet auf Deutsche Bahn sind das 110 Minuten. Bei der Ankunft regnet es. Fachwerkhäuschen sehe ich keine. Aber wer weiß, ob sich die nicht sowieso mit den Aldi- und Lidl-Logos gebissen hätten.

Bei der Gala treffe ich lauter Menschen, die meinen Krimi großartig finden. Ich weiß, dass sie ihn nicht gelesen haben. Ich finde ihre ja auch großartig. Konkurrenzgefühle sind mir fremd. Allein die Nominierung freut mich so, dass ich vor jeder Enttäuschung gefeit bin. Meine Lektorin sagt, altmodische Ausdrücke wie „gefeit“ sollte man in einem Krimi lieber vermeiden. Das sollte ich „außen vor“ lassen. Aber vor Kritik bin ich gefeit, seit diese höchstkarätige Jury meinen Roman unter die besten fünf Debütkrimis gewählt hat.

Das ist mehr als genug Anerkennung! Es gibt im Leben immer eine andere, die den Preis gewinnt. Ihr Buch ist ja auch wirklich super. Ich werde es lesen! Aber zuerst muss ich noch ein eigenes schreiben. Ich muss meine Auslagen für die Preisverleihung wieder hereinbringen.

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