Die Graffti-Stadt, in der Freddie Mercury lebte, hat auch heute einiges mit Kunst und Blumen am Hut.
Der Mann im T-Shirt mit der Aufschrift „Anstaltsleitung“ heißt Boris Schmidt, und natürlich streitet er bescheiden ab, der Chef zu sein. Nur, das Gegenteil sagt er auch nicht. Mit Kompetenz und Fachkenntnis führt Schmidt durch den Koloss des ehemaligen Münchner Gesundheitshauses an der Dachauer Straße (Maxvorstadt), jetzt das „Kunstlabor 2“, Ableger des Museums für Urbane Kunst (MUCA) und eine echt aufregende Location. Knapp 12.000 Quadratmeter stehen, im Rahmen einer auf fünf Jahre angelegten Zwischennutzung, dort zur Verfügung, wo einst diagnostiziert und behandelt wurde oder wo medizinisches Personal die Bürokratie bewältigte.
„Wir haben über 50 Kunstschaffende dazu angehalten, die Materialien aus den verlassenen Räumen für ihre Arbeiten zu nützen“: Waschbecken, Gesetzbücher, Röntgenbilder, Medizinkästen. Das 2021 gegründete sozialkritisch-feministische Künstlerinnenkollektiv Studio Winter (Maria Juli, Mariella Kerscher und Shaya Navid) hat in Beigeweiß ein komplettes Wartezimmer nachgeahmt, von den Sitzgelegenheiten über die Vase bis zur letzten Blumenblüte alles in gruselige Wartefarbe getaucht. Das urbane Berliner Aktionskünstlerkollektiv „Rocco und seine Brüder“ verweist mit der Installation eines zertrümmerten Bankomaten und einem vage verfremdeten Logo auf den Niedergang der Deutschen Bank. „Es gibt tatsächlich Besucher, die aufgeregt bei uns melden, da hätte jemand unseren Geldautomaten gesprengt“, schmunzelt Anstalts-leiter Schmidt. „Viele Menschen tun sich schwer bei der Akzeptanz von Andersartigkeit, aber bei uns findet sie statt. Ich denke, wir sind weit mehr als ein Haus für Street-Art, wir liefern zeitgenössische Kunst.“