Unterwegs

Wer liebt New York?

Zwischen Flugzeugen und U-Bahn-Waggons stellt sich die Frage, wer New York City warum liebt. Und vor allem: wie?

New York ist eine Stadt des Kommens und des Gehens, sowohl im akuten wie auch im permanenten Sinn. Auf den Esprit der Bewohner hat das recht bipolare Auswirkungen. New-York-Veteranen glauben irgendwann, dass sie in der Stadt leben, um für Vergehen in einem früheren Leben zu büßen; frisch Zugezogene hingegen können es kaum erwarten, echte New Yorker zu sein.

In letztere Kategorie fällt auch eine Freundin. Von Heimweh nach New York geplagt hatte sie kürzlich schon eine Stippvisite in Ottawa überlebt, ehe sie auf eine Konferenz in die Karibik geschickt wurde. Zwei Wochen später zelebrierte sie ihre Heimkunft standesgemäß mit einem Bagel am Flughafen. So weit, so New York, doch dann kam es, wie es kommen musste: Sie verbrachte statt der avisierten Stunde in der U-Bahn ganze 180 Minuten in transit. „Ich bin in Queens!“, schreibt sie per SMS. Sie hatte den Bahnsteig verwechselt. Eine Stunde später dann die nächste Nachricht: I'm gone for two weeks, and I can't New-York anymore.

Es ist wie die Unsicherheit eines Frischverliebten. Der Neu-New-Yorker will zeigen, dass er dieser lauten und schmutzigen und fantastischen Stadt würdig ist. Doch es ist so: Wer sich für New York entscheidet, entscheidet sich für etwas mit Tausenden Macken. Er hat höchstwahrscheinlich selbst ein Rad ab. Dieselbe Freundin muss wenige Tage später wieder zum Flughafen, dieses Mal zu einer Hochzeit nach Seattle. „Sag mal, bleibt der Expresszug manchmal einfach stehen?!“, schreibt sie, wieder aus der U-Bahn. Und eine halbe Stunde später: „Vergiss es.“ Turns out: Sie kann New York.

elisabeth.postl@diepresse.com

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.