EU-Gipfel

Polen und Ungarn stellen sich bei Asylkompromiss quer: Weitere Beratungen zu Migration

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban am EU-Gipfel in Brüssel.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban am EU-Gipfel in Brüssel. Reuters/JOHANNA GERON
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Die Beratungen am EU-Gipfel sind ohne Einigung im Asylstreit zu Ende gegangen. Polen und Ungarn haben aus Protest gegen kürzlich erreichten Asylkompromiss die Verhandlungen blockiert. Die Beratungen werden zur Stunde fortgesetzt.

Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), haben am Freitag in Brüssel ihre Beratungen zu Migration wieder aufgenommen. Ungarn und Polen blockieren die Gipfelerklärung, nachdem sie kürzlich beim Innenminister-Beschluss des EU-Asyl- und Migrationspakts überstimmt worden waren. Die estnische Regierungschefin Kaja Kallas ortete „Verbitterung über die Debatten zur Migration im Jahr 2015“ am Höhepunkt der Flüchtlingskrise.

„Aber ich denke, wir müssen weitermachen“, sagte Kallas. Es sei nicht wirklich klar, was Ungarn will. „Ich muss diesen Kampf nicht austragen“, erklärte die Estin weiter, sie versuche zuzuhören und Kompromisse zu finden. Gleichzeitig betonte Kallas, dass der Asyl-und Migrationspakt nicht gefährdet sei.

Wird es zur Einigung kommen?

Der lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins sagte, dass es noch nicht sicher sei, ob es ein Schlussdokument mit einer gemeinsamen Position zur Migrationsfrage geben werde. Die Staats-und Regierungschefs seien sich jedoch einig, dass man sich künftig nicht auf jene Migranten konzentrieren solle, die bereits in der EU sind, sondern das Augenmerk auf außerhalb der Grenzen richten müsse. „Darüber herrscht breiter Konsens.“ Was die vielen Stunden der gestrigen Diskussion bestimmt habe, sei nicht diese Richtungsänderung in der Migrationspolitik, sondern Altlasten früherer Debatten.

Sloweniens Ministerpräsident Robert Golob bekräftigte, dass Einigkeit bei den Diskussionen geherrscht habe, sich der äußeren Dimension der Migrationsfrage zuzuwenden. Allerdings hätten zwei Staaten eine gemeinsame Erklärung dazu blockiert. „Vor allem Ungarn hat kategorisch erklärt, sie wollten die Migrationsfrage gar nicht erwähnt haben.“

„Der Europäische Rat kann die Entscheidungen von anderen Räten nicht einfach umdrehen“, kritisierte der luxemburgische Premier Xavier Bettel. Man könne über Inhalte diskutieren, aber nicht über das Prozedere. „Die EU hat einen Vertrag. Das ist gegen den Vertrag.“ Polen und Ungarn könnten nicht einfach die Entscheidungen der Mehrheit blockieren, weil sie „ihnen nicht gefallen. Dann brauchen wir überhaupt nicht mehr herkommen“. Bettel betonte, er habe lieber „keine Schlussfolgerungen als schlechte Schlussfolgerungen“: „Wir sind ja alle für Regeln bei Migration. Polen und Ungarn erwecken den Eindruck, als wäre es allen egal, aber das ist es nicht.“

Der zypriotische Präsident Nikos Christodoulides hofft auf eine Einigung auf gemeinsame Schlussfolgerungen. Es sei schade, dass gestern kein Konsens gefunden wurde, so Christodoulides. Migration sei ein „allgemeines Problem“, die EU müsse handeln.

Verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen

Im Asylstreit hatten die Innenminister Anfang Juni eine Mehrheitsentscheidung getroffen, die Polen und Ungarn nicht mittrugen. Diese sieht vor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein soll. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen.

Polen forderte nun, dass jedes EU-Land selbst darüber entscheiden sollte, wie es Länder mit besonders hohen Migrationszahlen unterstützt. Die Aufnahme von Schutzsuchenden sollte freiwillig sein, heißt es in einem polnischen Textvorschlag für die Gipfelerklärung, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

Beschlossen wurden vom Gipfel dagegen vage Sicherheitszusagen für die Ukraine für die langfristige Zukunft. Nehammer hatte den Forderungen zahlreicher Staat- und Regierungschefs nach verbindlicheren „Sicherheitsgarantien für die Ukraine“ beim EU-Gipfel in Brüssel eine klare Absage erteilt. „Für uns als neutrale Staaten ist es klar, dass es die so nicht geben kann“, sagte er am Donnerstag. Am Freitagvormittag wollte sich Nehammer nicht zu den aktuellen Beratungen äußern. Auch China und die wirtschaftliche Lage stehen auf der Agenda des Gipfels. (APA)

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