Leitartikel

Der Semperit-Sozialismus der Siebzigerjahre

Der neue SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler
Der neue SPÖ-Vorsitzende Andreas BablerRoland Schlager
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Die Konturen der Babler-SPÖ werden deutlicher. Auffällig sind neue Akzente in der Migrationspolitik. Das kann gut gehen, muss aber nicht.

Es ist eine – hehre – Wette auf die Zukunft: „Wenn jemand hier für seine Kinder eine gute Ausbildung bekommt und mitentscheiden darf, wird er religiös und kulturell säkularisiert“, glaubt Nikolaus Kowall. Solcherart argumentiert der Mitstreiter von Andreas Babler, der zuerst selbst SPÖ-Chef werden wollte, für ein Wahlrecht für Nichtösterreicher. Blöd wäre es nur, wenn diese Wette nicht aufginge. Dann hätte man Menschen leichtfertig das Wahlrecht in die Hand gegeben, die eben nicht religiös und kulturell säkularisiert sind.

Als abschreckendes Beispiel können Wahlen und Referenden in der Türkei dienen: Ein großer Teil der in Österreich lebenden wahlberechtigten Türken – und es sind auch Doppelstaatsbürger darunter – stimmt hier regelmäßig für Recep Tayyip Erdoğan und dessen Partei. Und man stelle sich vor, die AKP machte einen Ableger in Österreich oder es fände sich ein anderer charismatischer Führer hierzulande, der mit einer islamistischen Partei Menschen für seine Politik vereinnahmen kann – dann gute Nacht.

Die SPÖ geht offenbar davon aus, dass ihr auch dieses Mal das gelingen wird, was ihr in der Vergangenheit gelungen ist: eine Integrationspartei für Arbeitnehmer zu sein, gerade auch für zugewanderte. Früher für jene aus Böhmen oder Mähren, heute für jene aus der Türkei oder Syrien. Das kann funktionieren, muss aber nicht funktionieren. Seinerzeit kamen die Zuwanderer großteils aus ein und demselben Staat, heute muss man explizit darauf hinweisen, dass sich die Zuwanderer „religiös und kulturell säkularisieren“ müssten. Wenn es gelingt – wunderbar. Wenn nicht, haben wir ein Problem. Die Demokratie, der Rechtsstaat, letztlich auch die SPÖ.

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