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Straka und Gall: Ausnahmen bestätigen die Regel

Sepp Straka schlug zur Sensation ab.
Sepp Straka schlug zur Sensation ab.Reuters / Paul Childs
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Golfer Sepp Straka holte als Zweiter der British Open zum besten Resultat eines Österreichers jemals bei einem Major-Event aus. Felix Gall gewann eine Tour-Etappe und wurde Gesamt-Achter – es sind Weltsportarten, die in Österreich im Schatten blühen.

Warum wird ein Österreicher Golfprofi? Warum zieht er früh in die USA, was lernt er dort besser als in der Heimat? Wer ist Sepp Straka – wieso wurde er Zweiter bei den 151. British Open, einem der vier Major-Turnieren der Saison und damit bestem Event des Jahres? Mit seinem Coup rückte der gebürtige Wiener Sepp Straka seine Sportart ins Rampenlicht wie Radprofi Felix Gall, der die Tour de France nach einem Etappensieg auf dem achten Platz beenden konnte. Ein Osttiroler fuhr den besten Radfahrern der Gegenwart mitunter auf und davon, vor allem hinauf gen Courchevel bei der Königsetappe. Österreichs Sport lebt von solchen Ausnahmen, zumeist überstrahlen ohnehin Fußball, Ski und Formel 1 die breite Wahrnehmung. In Wahrheit verdienen beide nicht nur dieses Preisgeld und Prestige, einer von diesem Duo muss „Sportler des Jahres“ in Österreich werden.

Straka hat bei den British Open Golf-Geschichte geschrieben. Der Wiener, 30, der die Heimat früh verließ und in den Staaten aufwuchs, wo er unter anderem auf der „University of Georgia“ College-Golf spielte und seinen Schlag schulte, spielte im Royal Liverpool Golf Club von Hoylake grandios auf und wurde mit 277 Schlägen (7 unter Par) sensationeller Zweiter. Es ist der erste Top-3-Platz eines Österreicher bei einem der vier Major-Turniere. Den Sieg sicherte sich der US-Amerikaner Brian Harman (271 Hits). Dem 36-Jährigen wurde sein erster Major-Sieg mit der legendären Weinkaraffe „Claret Jug“ versüßt.

Familienmensch mit weitem Abschlag

Straka erhielt knapp eine Million Dollar Preisgeld und steht nun in der engeren Auswahl für Europas Ryder-Cup-Team. Die Auftsellung steht noch aus, doch es wäre verwunderlich, würde er nicht im Team aufscheinen, das sich im September Kontinentalvergleich stellen wird. Straka, verheiratet mit Paige und seit jeher von seinen Eltern Mary und Peter (Architekt in Wien) unterstützt, gewann zuvor die „John Deer Classics“ ist hoffnungsvoll. „Der Ryder Cup ist mein großes Ziel. Ich bin wirklich froh, eine Chance zu haben“, sagte der Wiener, der diese Woche Captain Luke Donald bereits getroffen hat.

Vor dem Turnier hatte Straka noch seinen Caddy gewechselt und vertraut nun den Tipps von Duane Block. Wichtige Rollen tragen Schwungcoach John Tillery und Putting-Spezialist Tim Yelverton. Sein Spiel wurde noch besser, konstanter urteilen Beobachter. Vor allem aber seine Abschläge bestechen durch Ruhe, Weite und Präzision. Seinen Debütsieg auf der PGA-Tour hatte Straka im Februar 2022 beim Honda Classic gefeiert und damit neue Maßstäbe für das österreichische Golf gesetzt. In weiterer Folge nahm er als erster rot-weiß-roter Golfer am Tour-Finale der besten 30 in Atlanta teil sowie am Einladungsturnier von Tiger Woods auf den Bahamas, ein Ritterschlag im Sport rund um den kleinen weißen Ball.

Felix Gall
Felix Gall APA / AFP / Marco Bertorello

„Gemma Gall schauen“

Siege oder Heldentaten von Österreichern sind im Sport seltene Momentaufnahmen. Es gibt zwei Grand-Slam-Siege im Tennis (Thomas Muster, Dominic Thiem), zwei Formel-1-Weltmeister (Jochen Rindt, Niki Lauda), etliche Skistars, auch Fußball-Ikonen sonder Zahl. Dahinter wird es ruhiger und blasser. Bleiben Sensationen oder Skandale aus, ist die breite Wahrnehmung der Sportkultur eher reine Fiktion. Einer dieser Lichtschläge gelang nun auch Felix Gall. Der Osttiroler, 25, wurde Achter der Tour de France. Deshalb sagen dem 25-Jährigen Wegbegleiter wie Szenekenner (in großer Euphorie) eine glorreiche Zukunft voraus.

Der Ex-Juniorenweltmeister beglückte die – plötzlich wieder – zur Radsport-Nation ausgerollte Nation mit seinem Sieg auf der Königsetappe. Zur erweiterten Weltspitze gehörte Gall schon davor, bloß fuhr der AG2R-Profi unter dem Radar. Auch Gall erklärte das Erreichte mit einer gewissen Ungläubigkeit. Er steht am Mittwoch in Wels beim Stadtkriterium am Start. Wie viele Zuschauer kommen, nach dem Motto: „Gemma Gall schauen?“ Abwarten.

Die Gefahr, dass ihm der Erfolg zu Kopf steigen könnte, ist jedoch gering. Der bodenständige Golf-Liebhaber analysiert das Geschehen mit besonnenem Abstand, er übt sich in Bescheidenheit. Reich wird er nicht, allerdings sichert sein Vertrag bis Ende 2025 das Auskommen wohl auch auf längere Sicht. Vergoldet würde sein famose Tour aber erst durch einen vorzeitigen Teamwechsel, schließlich ist sein Marktwert in letzter Zeit ähnlich rasant angestiegen wie seine Leistungskurve.

Glaubwürdigkeitsfragen haben sich während der Tour die noch besser als Gall fahrenden Dominatoren Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar stellen müssen. Zweifel wischte das Duo stellvertretend für die viel zitierte „neue Generation“ vom Tisch. Es gehe alles mit rechten Dingen zu, ihre Leistungsdaten seien transparent und nachvollziehbar. Die durch etliche Skandale der jüngeren Vergangenheit leidgeprüften Fans wollen es ihnen gerne glauben, von Betrügern enttäuscht wurden sie in der Vergangenheit allerdings schon viel zu oft. Auch hierzulande ist die Liste prominenter Sünder angefangen bei Bernhard Kohl über Stefan Denifl, Georg Preidler und Christian Pfannberger bekanntlich ziemlich lang.

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